Australiens „Taliban“ in Guantánamo

David Matthew Hicks alias Abu Muslim al-Austraili alias Mohammed Dawood, 31, sitzt seit mehr als fünf Jahren im US-Lager Guantánamo. Er ist der Erste, den das Militär-Sondertribunal anklagen will FOTO: AP

Heute soll im US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba die erste Anklage verlesen werden. Das Militär-Sondertribunal will den Australier David Hicks wegen Unterstützung des Terrorismus anklagen. Der „australische Taliban“ war Ende 2001 in Afghanistan festgenommen worden. Die Anklage wirft ihm vor, auf Seiten der Taliban gekämpft und ein Trainingslager der al-Qaida durchlaufen zu haben.

Hicks wurde 1975 in Adelaide geboren. Seine Eltern trennten sich, als er zehn war, Hicks verlor den Halt. Er nahm Drogen, klaute Autos und flog mit vierzehn von der Schule. Fortan zog er quer durch Australien und hielt sich mit Hilfsjobs über Wasser. Dabei lernte er 1992 seine Lebensgefährtin Jodie Sparrow kennen. Mit ihr hat er zwei Kinder. Doch die Beziehung hielt nicht. Nach der Trennung 1996 ging Hicks zunächst als Pferdetrainer nach Japan. Von dort machte er sich 1999 ins Kosovo auf, um sich kurz vor Ende des bewaffneten Konflikts der UÇK anzuschließen. Zunächst kehrte er nach Australien zurück und bewarb sich bei der Armee, wurde aber wegen seiner lückenhaften Bildung abgelehnt. Kurz danach konvertierte Hicks zum Islam und wurde Abu Muslim al-Austraili. Als dieser reiste er nach Pakistan, um den Koran und die arabische Sprache zu studieren. Seinem Vater schrieb er im März 2000 von einer Guerilla-Ausbildung in Kaschmir.

Nach dem 11. September 2001 berichtete Hicks seinem Vater, dass er nach Afghanistan gehe. Im Dezember 2001 wurde Mohammed Dawood, so Hicks’ Kampfname, bei Kundus von der Nordallianz gefasst. Hicks wirft ihnen vor, dass sie ihn misshandelten, bevor sie ihn den US-Behörden übergaben.

Nach Verhören wurde er im Januar 2002 nach Guantánamo gebracht. Dort sitzt er seitdem nach Angaben von amnesty international in einer Zelle, in der nie das Licht ausgeht und das Fenster nie geöffnet werden kann. Im August 2004 übergab Hicks seinem Militäranwalt Major Michael Mori eine eidesstattliche Erklärung, in der er von Schlägen, Schlafentzug und Isolation berichtet. Hicks war bereits 2004 wegen „Hilfe für den Feind“ und versuchten Mordes angeklagt worden. Diese Vorwürfe wies das Sondertribunal aber aus Mangel an Beweisen zurück. Anwalt Mori kritisiert, dass die gegen seinen Mandanten erhobenen Vorwürfe vor ein reguläres US-Gericht gehören und die Regierung ihm nichts Ernsthaftes vorzuwerfen habe.

Die australische amnesty-Sektion hat die Kampagne „Lasst David Hicks nach Hause“ gestartet: Bis gestern sollen 30.785 Menschen einen Brief an Premier John Howard geschrieben haben. Kommt es zu einem Verfahren, soll es im Sommer beginnen. CHRISTINE APEL