Algeriens gefallener Gold-Junge

Symbol eines neuen, offenen Algeriens“ – die Lobesreden überschlugen sich, als Abdelmoumen Rafik Khalifa 1998 sein Imperium aus Khalifa Bank, Khalifa Airways und Khalifa TV ins Leben rief. Der heute 40-Jährige wurde über Nacht zum einflussreichsten Unternehmer Algeriens. Doch dem steilen Aufstieg folgte der abrupte Fall. Das Unternehmen endete im Bankrott. Der „Golden Boy“ wurde gestern in Abwesenheit „wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Raub, Missbrauch von Vermögen und Fälschung“ zu lebenslanger Haft verurteilt. Khalifa hinterließ ein Loch von 1,5 Milliarden Euro, darunter die Gelder vieler kleiner Sparer, 20.000 Angestellte wurden arbeitslos.

Neben dem Magnaten wurden Dutzende weitere Beschuldigte zu hohen Haftstrafen verurteilt – unter ihnen Khalifas Ehefrau, der frühere Direktor der algerischen Staatsbank sowie ein Ex-Industrieminister. All drei haben sich, wie Khalifa, rechtzeitig ins Ausland abgesetzt. Der gefallene Unternehmer lebt in London. Die Justiz seines Heimatlandes stellte einen Auslieferungsantrag.

„Prozess der kleinen Fische“, taufte die algerische Presse das Verfahren. Denn es bleiben mehr Fragen offen, als beantwortet wurden. Bis heute ist unklar, woher Khalifa, ein einfacher Apotheker, das Geld nahm, um sein Imperium zu gründen. Die Khalifa Bank hatte auf ihrem Höhepunkt mehr Filialen als die Staatsbank. Mit Zinsen von bis zu 17 Prozent zog Khalifas Geldinstitut die Ersparnisse der kleinen Leute an.

In Algerien zweifelt niemand daran, dass ohne Unterstützung von ganz oben Khalifas Karriere nicht möglich gewesen wäre. Keiner gründet einfach so einen Großkonzern, in einem Land, in dem selbst der kleinste Behördengang im Korruptionsdickicht endet. Khalifa verfügte über ein wichtiges Kapital. Sein Vater war einst Minister. So etwas öffnet Türen.

„Moumen“ nannten ihn seine in- und ausländischen Freunde, von Präsident Abdelasis Bouteflika, über Catherine Deneuve und Gerard Depardieu bis hin zum Vorsitzenden des französischen Erstligisten Olympique Marseille. Alle haben sie profitiert. Die Stars flogen umsonst. Die Fußballer bekamen Trikotwerbung und die Brüder des Präsidenten sollen immer größere „Geldgeschenke“ gefordert haben.

„Bouteflika ist der Grund für all meine Probleme“, verteidigt sich Khalifa in einem Interview. Er habe die Präsidentenbrüder in die Schranken gewiesen, daraufhin hätten die Ermittlungen begonnen, die letztlich zur Schließung seines Konzerns führten. Am Tag nach diesen Erklärungen flog eine algerische Delegation nach London, um die Auslieferung Khalifas zu beschleunigen.

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