Kiew wird doch nicht in zwei Wochen eingenommen

KRITIK Sprecher Moskaus: EU-Kommissionspräsident Barroso hat Putins Äußerungen sinnentstellend wiedergegeben

MOSKAU ap/taz | Ein Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin hat EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso Vertrauensbruch vorgeworfen. Die von Barroso weitergegebene Äußerung Putins, russische Truppen könnten die ukrainische Hauptstadt Kiew binnen zwei Wochen einnehmen, wenn sie wollten, sei aus dem Zusammenhang gerissen worden und habe eine völlig andere Bedeutung gehabt, sagte Putin-Berater Juri Uschakow am Dienstag in Moskau. Es sei eines seriösen Politikers unwürdig, dass Barroso öffentlich über das private Gespräch mit Putin geredet habe.

Mehrere europäische Medien hatten unter Berufung auf Diplomaten von der Äußerung Barrosos berichtet. Der Kommentar des Kreml-Chefs soll eine Reaktion auf ukrainische und westliche Anschuldigen gewesen sein, denen zufolge Russland den Konflikt in der Ostukraine deutlich eskaliert habe, indem es reguläre Armee-Einheiten ins Nachbarland geschickt habe. Die Nato schätzt, dass sich mindestens 1.000 russische Soldaten in der Ukraine aufhalten und den prorussischen Aufständischen dort helfen. Uschakow bekräftigte am Dienstag Aussagen Moskaus, wonach es keine Soldaten in die Ukraine entsandt habe.

Der ukrainische Verteidigungsminister Waleri Geletej erklärte am Montag auf seiner Facebook-Seite, die Operation gegen den separatistischen Aufstand im Osten des Landes sei vorbei. Stattdessen stehe das ukrainische Militär nun der russischen Armee in einem Krieg gegenüber, der „Zehntausende“ Menschenleben kosten könnte.

Seit Mitte April kämpfen prorussische Rebellen gegen ukrainische Regierungstruppen. Der Konflikt hat bisher mehr als 2.600 Menschen das Leben gekostet. In den vergangenen Wochen haben die Aufständischen eine Offensive entlang der Küste des Asowschen Meers gestartet.

Bemühungen um eine friedliche Lösung der Krise blieben bislang erfolglos. Vertreter der Ukraine, Russlands, der prorussischen Rebellen und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatten am Montag im weißrussischen Minsk erneut versucht, zu einer Einigung zu gelangen. Die Aufständischen signalisierten Bereitschaft für Verhandlungen über ein Abkommen, das die territoriale Integrität der Ukraine respektieren würde. Im Gegenzug fordern sie umfassende Autonomie für die Ost-Provinzen. Am Freitag sollen die Verhandlungspartner über Details einer Waffenruhe und eines Gefangenenaustauschs sprechen.