Kiew nimmt wieder Kurs auf die Nato

UKRAINE Ministerpräsident Arseni Jazenjuk kündigt ein Gesetz an, das den blockfreien Status beenden soll. Die Bundesregierung spricht von Moskaus „Militärintervention“, will aber mit Putin im Gespräch bleiben

VON ANJA MAIER

BERLIN taz/afp | Angesichts der Krise im Osten startet die ukrainische Regierung offenbar einen neuen Anlauf zur Nato-Mitgliedschaft. Der Beitrittsprozess solle wegen der russischen „Aggression“ wieder aufgenommen werden, erklärte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk am Freitag in Kiew. Seine Regierung werde im Parlament einen Gesetzentwurf einbringen, der vorsieht, „den blockfreien Status zu beenden und auf den Weg zum Nato-Beitritt zurückzukehren“.

2008 war die Ukraine mit einem Antrag auf Nato-Mitgliedschaft gescheitert. Während der Krim-Annexion durch Russland hatte das Bündnis seine Zusammenarbeit mit Kiew aber verstärkt und die Beziehungen zu Moskau abgebrochen. Russland ist strikt gegen eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte dazu in Brüssel, man werde beim Nato-Gipfel kommende Woche „die standhafte Unterstützung der Nato für die Ukraine deutlich machen“. Die Allianz werde es „vollkommen respektieren“, wenn das ukrainische Parlament entscheide, die bisherige Politik zu ändern.

Wenn am 4. und 5. September Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zum Gipfel nach Wales reist, werden sie der Außenminister und die Verteidigungsministerin begleiten. Am Tagungsort wird auch der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, erwartet.

Neben dieser Demonstration militärischer Bündnisstärke gegenüber Russland setzt man in Berlin weiter auf Sanktionen. Die tiefe Verstimmung zwischen Merkel und Präsident Wladimir Putin zeigt sich auch in der Wortwahl. So bezeichnete die Bundesregierung Russlands Vorgehen erstmals als „militärische Intervention“. Der Regierungssprecher erklärte am Freitag, die Hinweise auf die Präsenz von Russen in der Ukraine und die Verwendung russischer Waffen hätten sich so weit verdichtet, dass „alles zusammen sich zu einer militärischen Intervention addiert“.

Auf die Frage nach erneuten Sanktionen gegen Russland antwortete Seibert, Russland müsse „klar sein, dass es einen Preis zu zahlen hat für sein bisheriges Verhalten“. Über konkrete Sanktionen werde an diesem Samstag der EU-Rat beraten.

Der Sprecher des Auswärtigen Amtes erklärte, man setze weiter auf den Dialog mit Moskau. Ziel sei, Präsident Putin von einem Waffenstillstand und wirksamen Grenzkontrollen zu überzeugen. Waffenlieferungen an die Ukraine, wie sie der ukrainische Außenminister gefordert hatte, schloss der Regierungssprecher aus. Dies sei „nichts, woran die Bundesregierung denkt“. Auch Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte tags zuvor im ZDF erklärt: „Es gibt keine militärische Lösung für diese Krise.“