Japan räumt verstrahlte Städte

ATOMKRAFT Japan erweitert die Evakuierungszone um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima: Zehntausende Menschen zusätzlich müssen ihre Wohnungen wegen erhöhter Strahlungswerte verlassen. Wann sie zurückkehren dürfen, ist ungewiss

TOKIO/BERLIN taz | Erst zerstörten Erdbeben und Tsunami viele Häuser und Wohnungen. Jetzt müssen die Überlebenden ihre Ortschaften wegen der stark erhöhten Radioaktivität verlassen – auf den Tag genau einen Monat nach der Naturkatastrophe. Die japanische Regierung gab gestern bekannt, dass weitere Regionen zu Sperrzonen erklärt werden. Bisher waren etwa 150.000 Menschen in einem 20 Kilometer langen Radius um das Atomkraftwerk zum Verlassen ihrer Wohnungen aufgefordert worden.

Nun werden zusätzlich die Bewohner von drei Orten mit zusammen rund 30.000 Einwohnern innerhalb eines Monats komplett umgesiedelt. Zwei weitere Städte, darunter das nur 18 Kilometer vom Atomkraftwerk Fukushima entfernte Minamisoma, werden teilweise evakuiert. Vor Beben und Tsunami lebten in diesen Orten knapp 90.000 Einwohner. Wann und ob die Bewohner überhaupt zurückkehren können, wurde nicht bekannt gegeben.

Nach Regierungsangaben sind alle Ortschaften betroffen, in denen die gemessene Strahlenbelastung 20 Millisievert pro Jahr erreichen könnte. Zum Vergleich: In Deutschland liegt die natürliche Belastung bei etwa 2 Millisievert im Jahr. Die geltenden Grenzwerte erlauben eine zusätzliche Dosis von 2 Millisievert. 20 Millisievert im Jahr lösen nach Auffassung von Experten keine akuten Krankheiten aus, können aber langfristig zu Krebs führen.

Greenpeace, die USA, aber auch die Internationale Atomenergieorganisation (IAEO) hatten Japan schon lange dazu gedrängt, die Evakuierungszone zu erweitern. Die USA schlugen einen 80 Kilometer breiten Ring um das AKW vor, den alle Menschen verlassen sollten – über eine Million Japaner wären zum Umzug gezwungen gewesen.

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