Geteilte Punkte – halbe Punkte

Das 1:1 im munteren Nordderby nützt weder Hannovers internationalen Ambitionen, noch hilft es dem HSV aus der Abstiegsgefahr. Dafür war es immerhin eine gerechte Punkteteilung

AUS HANNOVER LARS GEIGES

Bei Hannover 96 gibt es einen Spieler, der mit seinen Aktionen bisweilen die eigene Anhängerschaft spaltet: Jiři Stajner. Beim 0:0 im Heimspiel gegen den Hamburger SV unterliefen dem tschechischen Nationalspieler einige Missgeschicke der Kategorie Anfängerfehler. Stajner neigt zur Fahrigkeit und wirkt auf dem Platz oft wie ein Gehetzter. Allerdings kann der 30-Jährige mit seinen gelegentlichen Blitzgedanken den Unterschied zweier gleichwertiger Mannschaften ausmachen – so wie am Samstagnachmittag in der 40. und 63. Spielminute des Nordderbys. Da nämlich filetierten Stajners Pässe die Hamburger Defensive und ermöglichten Jan Rosenthal sowie Silvio Schröter beste Gelegenheiten. Einzig: Stajners Vorarbeit blieb von den Kollegen unvollendet.

Einmal, kurz vor dem Schlusspfiff, bugsierte Stajner selbst die Kugel ins Tor der Hamburger. Doch sein Kopfballtreffer aus kurzer Distanz wurde aberkannt. „Ich kam zwar mit Anlauf, aber ich denke, dass man nicht abpfeifen muss,“ sagt der Stürmer. Anders sah Frank Rost, HSV-Torwart und Leidtragender der stajnerschen Robustheit, die Szene: „Und dann kam der Stajner angeflogen und haut den Ball und den Mann zusammen ins Tor hinein. Ein glasklarer Freistoß.“

Tatsächlich wussten beide Nordklubs aber nicht wirklich viel anzufangen mit dem torlosen Remis. „Das Unentschieden ist nicht schlecht aber auch nicht wirklich gut,“ sagt 96-Kapitän Altin Lala. In den vergangenen drei Spielen blieben die Hannoveraner sieglos und kamen so ihrem Traum von der Qualifikation zum Uefa-Pokal nicht näher. Daher bemüht Hecking eher den Blick nach unten: „Es kommt immer darauf an, wie man die Tabelle liest. Wir haben heute einen weiteren Punkt für unser vorrangiges Ziel, den Nichtabstieg, hinzugewonnen.“

Ähnlich ist die Gemütslage beim Hamburger SV. „Wenn man gegen eine Mannschaft spielt, die so gut drauf ist wie Hannover, dann muss man auch mal mit einem Punkt zufrieden sein,“ sagte HSV-Trainer Huub Stevens, wohl wissend, dass jeder Punkt zählt. Zumal die Konkurrenz punktet. Mit Energie Cottbus, Alemannia Aachen, VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt gewannen gleich vier Mannschaften aus dem Tabellenkeller an diesem Wochenende, so dass dem HSV nur zwei Zähler Vorsprung auf die Abstiegsplätze bleiben.

„Es bleibt unten spannend“, sagt auch Rafael van der Vaart, der gegen 96 wieder der auffälligste Hamburger war. „Auch heute war es wieder ein komisches Spiel. Wir hätten verlieren aber auch gewinnen können.“

Dass Hamburg nicht doch noch einen Last-Minute-Sieg landete, dafür sorgte 96-Torwart Robert Enke mit einer dreifachen Rettungstat. „Ich werde dreimal angeschossen – was soll ich da machen,“ kokettiert Enke über die famose Abwehraktion kurz vor dem Abpfiff und fügt ernsthaft hinzu: „Es ist natürlich schön, eine so spektakuläre Szene zu haben.“ Am besten weiß 96-Trainer Hecking um die besonderen Fähigkeiten seines Schlussmanns: „Wenn wir diese Qualität in allen Mannschaftsteilen hätten, dann wären wir richtig gut.“

Die ausgezeichneten Leistungen des 29-Jährigen könnten schon bald belohnt werden. Nationaltrainer Joachim Löw stellte Enke in Aussicht, am 28. März im Freundschaftsspiel gegen Dänemark sein Debüt als Nationaltorwart zu geben. Vier Tage zuvor reist Enke mit zum EM-Qualifikationsspiel der DFB-Auswahl nach Prag. Dort trifft er einen alten Bekannten aus Hannover: Jiři Stajner.