Kampf ums Öl

GEFECHTE Während die Linien an den Hauptfronten stagnieren, wird nun um die Ölfelder im Hinterland gekämpft

BENGASI/TRIPOLIS rtr/dpa | Nach dem militärischen Stillstand an der libyschen Hauptfront längs der Küstenlinie kämpfen Soldaten von Machthaber Muammar al-Gaddafi und die Rebellen auch um die Vorherrschaft über die Ölfelder im Hinterland. Gefechte wurden am Donnerstag von den Feldern Sarir, Misla und aus der Region Waha gemeldet. Sie liegen im Osten des Landes, der weitgehend in der Hand der Rebellen ist. Die Aufständischen erklärten, die Ölfelder seien mit Artillerie beschossen worden. In Milsa und al-Wahat sei die Ölproduktion unterbrochen worden.

In Tripolis hingegen erklärte Außenminister Chaled Kaim, britische Flugzeuge hätten das Sarir-Ölfeld bombardiert, dabei seien drei Menschen getötet und eine Pipeline beschädigt worden. Die Nato kündigte eine Prüfung der Berichte an. Rebellen widersprachen dieser Darstellung und erklärten, Gaddafi-Truppen hätten das Ölfeld angegriffen. Die Pipeline führt vom Sarir-Ölfeld zum Hafen Marsa al-Hariga bei Tobruk in ein Gebiet, das von Rebellen kontrolliert wird. Ein Interesse, hier die Ölversorgung zu unterbrechen, läge also eher aufseiten der Regierungstruppen. Rebellen widersprachen auch der Darstellung der Regierung, alle Ölfelder unter eigene Kontrolle gebracht zu haben.

Die Rebellen sind den Regierungstruppen an Ausrüstung deutlich unterlegen und auf Finanzquellen angewiesen, um den Feldzug gegen Gaddafi voranzutreiben. Am Mittwoch legte der unter liberianischer Flagge fahrende Tanker „Equator“ in Marsa al-Hariga ab. Offenbar hatte er das erste von Rebellen verkaufte Öl seit Beginn der Aufstände im Februar geladen. Auch am Donnerstag gingen Kämpfe in der Region Brega an der Ostküste und Misurata an der Westküste weiter.

Minister wechselt Seiten

Wie das maltesische Außenministerium bestätigte, traf bereits in der vorigen Woche der ehemalige Energieminister Omar Fathi Bin Schatwan an Bord eines Flüchtlingsbootes aus der von Gaddafi-Truppen belagerten Stadt Misurata ein. Keiner der noch in Libyen anwesenden Minister unterstütze Gaddafi mehr, sagte er. Sie hätten aus Angst um ihre Familien aber nicht den Mut, sich von ihm abzuwenden.

Nato-Kampfflugzeuge bombardierten am Donnerstag versehentlich einen Fahrzeugkonvoi der Anti-Gaddafi-Milizen und töteten mehr als zehn Aufständische. Der Zwischenfall, der sich auf der Mittelmeer-Küstenstraße auf halbem Wege zwischen Adschdabija und Brega ereignete, ging auf das Konto des angegriffenen Konvois, der unerlaubt in eine Sperrzone gefahren war, sagten Aufständische in Adschdabija. Von dort berichtete ein Fotograf, dass Rebellen am Kontrollpunkt beim Westausgang der Stadt keine Fahrzeuge mehr durchließen. Wie am Donnerstag bekannt wurde, wurden in dem Kampfgebiet zwischen Adschdabija und Brega bereits am Dienstag vier ausländische Journalisten verschleppt. Ein spanischer Fotograf, zwei US-amerikanische Journalisten und ein südafrikanischer Kollege seien von den Pro-Gaddafi-Truppen gefangen genommen worden, wie ein Kollege erklärte.

Die USA zeigten sich unterdessen unbeeindruckt von einem Brief Gaddafis an Präsident Barack Obama, in dem der libysche Machthaber ein Ende der Angriffe in seinem Land fordert. „Es ist überhaupt kein Geheimnis, was derzeit von Herrn Gaddafi erwartet wird“, sagte Außenministerin Hillary Clinton. Je früher „das Blutbad aufhört, desto besser ist das für alle“. Gaddafi müsse sich zu einem Waffenstillstand mit den libyschen Aufständischen bereitfinden und seine Truppen abziehen. Zudem sei eine Entscheidung „hinsichtlich seines Machtverzichts“ nötig.

Laut einem Bericht des Tagesspiegels erwägt die Bundesregierung nun doch eine Beteiligung der Bundeswehr am Libyen-Einsatz. Dabei soll es um die militärische Sicherung von Hilfsaktionen für die libysche Bevölkerung gehen. Die EU bereite derzeit einen solchen Einsatz vor. Voraussetzung für eine solche Mission sei aber ein Auftrag der UNO.