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: Nachrichten als Leidenschaft

Die Nachrichtenmoderatoren Peter Kloeppel und Thomas Kausch sind für RTL und Sat.1 unersetzlich geworden – als Darsteller von Nachrichtenmoderatoren.

Es muss ein ganz besonderer Zug sein, den Peter Kloeppel genommen hat, als RTL mit ihm den „Nachrichten aus Leidenschaft“-Spot gedreht hat. Einen fast leeren ICE, der nach Berlin einfährt, in dem Kinder still auf ihren Sitzen spielen und Mitreisende einem nicht hektisch ihre Taschen in die Hacken hauen, weil sie eilig Richtung Ausgang drängeln.

Kloeppel sitzt gedankenverloren am Fenster, beobachtet draußen Jugendliche beim Basketballspielen und lässt sich die Morgensonne ins Gesicht scheinen. Dazu sagt er: „Ich will mit unseren Nachrichten ein Wegweiser sein, Probleme benennen, Lösungen aufzeigen, Mut machen.“ Hätte RTL einen Song von Coldplay druntergelegt, wäre es nicht weiter aufgefallen.

Stattdessen redet Kloeppel weiter: „Alle Menschen haben Fragen, an die Gegenwart, an die Zukunft. Und ich versuche sie zu beantworten.“ Das ist natürlich Unfug, weil Kloeppel bei „RTL aktuell“ ja keine Antwort darauf hat, in welchem Jahr man seine Steuererklärung nicht mehr machen muss, weil einen dann die Klimakatastrophe endgültig erwischt hat. Stattdessen steht der RTL-Anchor dann doch bloß wieder vor einem Bluescreen und erklärt in einer überflüssig komplizierten Animation, warum Energiesparlampen besser sind als normale Glühbirnen.

Wo soll das hinführen, wenn jetzt schon die Nachrichtenmoderatoren genauso palavern wie die Politiker, über die sie berichten? Aber darum geht es ja nicht. Denn für RTL und Sat.1 sind die ersten Journalisten im Sender als Darsteller seriös aussehender Nachrichtenmoderatoren längst genau so wichtig wie als – nun ja: Nachrichtenmoderatoren.

Es scheint zum Beispiel keine neue Sat.1-Serie mehr zu geben, in der Kloeppels News-Kollege Thomas Kausch nicht den investigativen Journalisten mimen muss. In der ersten Folge von „Allein unter Bauern“ interviewt Kausch Christoph M. Ohrt, der einen aufstiegsfixierten Karrierepolitiker spielt, und die zig anderen Pressemenschen um ihn herum trauen sich nicht, ihm ins Wort zu fallen.

In der Sat.1-Serie „GSG 9“ ist Kausch stets auf Sendung, wenn es Neues von den Einsätzen der Erfolgstruppe zu melden gibt: Geiselnahme beendet, Terrorattacke verhindert, Killervirus unter Kontrolle. Und alle, alle Protagonisten schauen Sat.1, genauso sicher wie die „Tatort“-Kommissare die „Tagesschau“.

Heute Abend bekommen Kloeppel und Kausch jedoch Konkurrenz bei „GSG 9“ – von N24-Moderator Hans-Herrmann Gockel. Globalisierungsgegner drohen Berlin mit einer Pockenattacke, wenn ihre Forderungen nach einer Verbesserung der Gesundheitsversorgung armer Länder nicht erfüllt und in den Nachrichten bekannt gegeben werden. Nachher sieht man die Radikalen, wie sie pünktlich um acht bei Gockel eingeschaltet haben und vergeblich darauf warten, thematisiert zu werden. „Da kommt nichts mehr“, sagt der eine und schaltet enttäuscht ab.

„GSG 9“ ist eine schöne, eine ernst zu nehmende Serie. In diesem Moment muss man als Zuschauer einfach nur furchtbar lachen. Peer Schader