DIE STIMMEN DER ANDEREN
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■ Independent (Großbritannien)

Keine Immunität für Libyens Minister

Es ist verständlich, dass Außenminister William Hague dem libyschen Außenminister keine Immunität vor Strafverfolgung gewährt. An Kussas Händen klebt Blut. Er war an der Finanzierung des Terrors beteiligt. Die Gerechtigkeit erfordert es, dass er sich für seine Beteiligung an Verbrechen verantworten muss. Doch man muss auch bedenken, dass Kussa auch eine Schlüsselrolle bei den Entschädigungsverhandlungen für die Familien der Opfer des Lockerbie-Anschlags gespielt hat. Amnestien und Straferlasse sind auch mit Gerechtigkeit vereinbar, das hat uns unsere eigene Erfahrung mit der IRA im Nordirland-Konflikt deutlich demonstriert. Man wird bei Kussa einen Weg finden, internationale Gerechtigkeit mit internationaler Realpolitik miteinander zu vereinbaren.

■ Politiken (Dänemark)

Klartext tut not

Das Eingreifen in Libyen hat von der Entscheidung im UN-Sicherheitsrat an unter einer erzwungenen Hast gelitten. Hätte die internationale Gemeinschaft abgewartet, hätte Gaddafi, wie von ihm angekündigt, sein eigenes Volk abgeschlachtet. Generell vermisst man jetzt, dass die Politiker klar sagen, worum es geht. Alle reden um den heißen Brei herum, dass es natürlich darum geht, Gaddafi wegzubekommen. Man wagt es nicht, das zu sagen, weil es so nicht in der UN-Resolution steht. Aber wir sind jetzt Teil eines Bürgerkrieges, bei dem niemand den Ausgang oder auch nur den nächsten Schritt kennt. Wir tun das, was wir im Augenblick für das Beste halten. Es wäre befreiend, wenn das so deutlich gesagt würde.

■ Aamulethi (Finnland)

Gaddafis Macht bröckelt

Das sicherste Mittel, in der Politik durchzukommen, ist, sich auf die Seite des Siegers zu schlagen. Der zum Westen übergelaufene libysche Außenminister Mussa Kussa ist derzeit der hochrangigste libysche Führer, der damit rechnet, dass der Diktator Muammar al-Gaddafi am Ende nicht als Sieger dastehen wird. Mit Luftschlägen allein wird der libysche Machtkampf kaum gelöst werden. Da die Entsendung von Bodentruppen nach Libyen aus vielen Gründen unmöglich ist, könnte die Allianz die Aufständischen zum Beispiel mit Waffen unterstützen oder eben hoffen, dass Gaddafis Regierung von innen bröckelt. Kussas Seitenwechsel ist ein ermutigendes Zeichen dafür, dass sich die Reihen von Gaddafis Anhängern lichten. Auch er muss irgendwann erkennen, dass ein Führer ohne Truppen keine Zukunft hat.

■ Monitor (Bulgarien)

Ohne Atomenergie geht es nicht

In den kommenden Tagen und Wochen werden wir erfahren, ob sich die Folgen der Katastrophe im AKW Fukushima auf Japans Inseln begrenzen oder eine ernsthafte Auswirkung auf die übrige Welt haben werden. Unabhängig von der Entwicklung in Japan ist jetzt schon klar, dass die Havarie dort viele Dinge grundlegend verändern wird. Die Welt des als friedlich geltenden Atoms wird bestimmt nicht mehr dieselbe sein. Könnten wir aber in der nahen und in der ferneren Zukunft ohne Atomenergie auskommen? Ein Blick auf den Stand der Weltenergiewirtschaft wird uns überzeugen, dass die Antwort negativ ist: Nein, ohne Atomenergie schaffen wir es nicht.

■ Élet és Irodalom (Ungarn)

Katastrophe bedroht Weltwirtschaft

Neben den japanischen Großkonzernen (Toyota, Suzuki usw.) und deren ausländischen Tochterunternehmen gibt es weltweit auch viele Großkonzerne (General Motors, Sony Ericsson, Volkswagen, Boeing usw.), deren Produktion von den ständigen Lieferungen von Bau- und Ersatzteilen aus Japan abhängig ist. Aufgrund der Naturkatastrophe sind diese Lieferungen ins Stocken geraten. Der Stillstand der Produktion in Japan könnte innerhalb kurzer Zeit auch die Dynamik der Industrieproduktion in anderen Ländern bremsen. Wenn sich die Situation über kurz oder lang nicht ändert, könnten die Konzerne nach anderen Zulieferern Ausschau halten, was mit einem gehörigen Marktverlust der japanischen Unternehmen verbunden wäre. Und auch für die Versicherungen sind die Schadenszahlungen nach der Naturkatastrophe enorm.

Quelle: dpa, eurotopics