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Bei den Verhandlungen zur zweiten Stufe der Föderalismusreform spielt Nordrhein-Westfalen auf der Seite der reichen Länder – und will den armen Nachbarn die Aufnahme neuer Schulden erschweren

VON KLAUS JANSEN
UND MARTIN TEIGELER

Nordrhein-Westfalen fühlt sich wieder reich – und will nach Ende der gestern begonnenen Verhandlungen über den zweiten Teil der Föderalismusreform weniger Geld an arme Länder zahlen. „Die Sparanstrengungen unseres Finanzministers müssen belohnt werden und dürfen nicht von Trittbrettfahrern ausgenutzt werden“, sagte NRW-Bundesratsminister Michael Breuer (CDU) der taz.

Ministerpräsident Jürgen Rüttgers werde sich bei den Gesprächen in Berlin für ein Verschuldungsverbot für alle Bundesländer einsetzen, kündigte Breuer an. Konkret soll der Artikel 115 des Grundgesetzes gestrichen werden. Der Verfassungsparagraf erlaubt es den Ländern, mehr Schulden aufzunehmen als Investitionen zu tätigen, wenn sie eine „Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts“ feststellen.

Unter Rot-Grün hatte NRW bei Finanzverhandlungen gemeinsam mit dem „Hannoveraner Kreis“ der Nehmerländer gestritten. Mittlerweile aber gehört das Land gemeinsam mit Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg und Sachsen zum „Quiriner Kreis“ der reichen Geberländer. Das dadurch gewonnene Selbstbewusstsein ist der SPD nicht geheuer: Die Sozialdemokraten lehnen ein generelles Verschuldungsverbot ab. Ein solcher Vorschlag ignoriere „ökonomische Notwendigkeiten“, sagte der Gelsenkirchener Bundestagsabgeordnete und Finanzexperte Joachim Poß. Auch die grüne Landtagsfraktionsvorsitzende Sylvia Löhrmann nannte den Vorschlag „zu platt und populistisch“. Besondere Notsituationen in den Haushalten armer Bundesländer dürften nicht durch zusätzliche Restriktionen verschärft werden: „Es soll niemand abschmieren, der nicht klar kommt“, sagte sie der taz.

Allerdings plädierte auch Löhrmann dafür, die Eigenständigkeit unter den Ländern zu stärken – etwa durch neue Steuerkompetenzen. Die NRW-FDP will sogar eine noch radikalere Reform der Länderfinanzbeziehungen: „Jedes Land soll selbst über die Mehrwertsteuererhöhung entscheiden dürfen“, sagte Generalsekretär Christian Lindner. Wenn es diese Möglichkeit im vergangenen Jahr bereits gegeben hätte, wäre die jüngste Mehrwertsteuererhöhung in NRW nicht Gesetz geworden, so der Liberale. Die Bundesländer bräuchten mehr solcher „Wettbewerbselemente“.

Unterstützt wird das Vorpreschen der Landesregierung vom NRW-Steuerzahlerbund. „Wir fordern seit Jahren einen wirksameren Kampf gegen die Verschuldung“, sagte Finanzexperte Heiner Cloesges. Die Kommunen im Land sehen die schwarz-gelben Pläne hingegen mit Sorgen. Die Föderalismusreform müsse auch armen Städten und Ländern gerecht werden, sagte der Geschäftsführer des nordrhein-westfälischen Städtetags, Stephan Articus. Ein generelles Verschuldungsverbot sei vor diesem Hintergrund „nicht sinnvoll“.