Keiner mag die Bahn

Alle vier Landtagsfraktionen fordern den Konzern auf, schnell sein marodes Schienennetz zu erneuern

DÜSSELDORF taz ■ In der Verkehrspolitik können sich alle vier Fraktionen auf ein gemeinsames Feindbild einigen: Bahnchef Hartmut Mehdorn. In einer von den Grünen beantragten aktuellen Stunde im Landtag forderten Vertreter aller Parteien das Unternehmen auf, sein Schienennetz zu modernisieren. „Das Netz steht vor dem Kollaps“, sagte der grüne Abgeordnete Horst Becker. „Die Landesregierung ist alarmiert“, sagt Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU).

Vor zwei Wochen hatte der Bundesrechnungshof in einem Prüfbericht festgestellt, dass die Bahn in den vergangenen fünf Jahren 1,5 Milliarden Euro zu wenig in die Infrastruktur investiert habe. Der Grünen-Politiker Becker geht sogar davon aus, dass der Staatskonzern 2,7 Milliarden Euro, die eigentlich für die Instandhaltung von Schienen, Bahnhöfen und Eisenbahnbrücken vorgesehen waren, nicht ausgegeben habe. „Unsere Befürchtungen sind übertroffen worden“, sagte Minister Wittke.

Fahrgastvertreter begrüßten die Initiative des Parlaments, warnten aber vor zu großen Hoffnungen. „Solche Aktionen aus den Ländern können nur appellativen Charakter haben“, sagte der Landessprecher des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), Jürgen Eichel. „Ich hoffe, dass bei Mehdorn etwas ankommt.“

Eine erste Reaktion auf die Kritik der Rechnungsprüfer hat die Bahn allerdings schon gezeigt: 2,7 Milliarden Euro will der Konzern landesweit in den kommenden vier Jahren in ein „Pro Netz“ getauftes Sanierungsprogramm investieren. Die durch die in diesem Jahr insgesamt 2.200 Baustellen entstehenden Verspätungen will der Konzern durch bessere Information und Nachtarbeit in Grenzen halten. Im Vergleich zu den Vorjahren werde die Belastung für die Fahrgäste sogar abnehmen, kündigte ein Bahn-Sprecher an. KAN