10.000 Stadtwerker ziehen vor das Stadttor

Gas, Wasser, Ärger: Bürgermeister und Stadtwerke-Mitarbeiter wollen in der kommenden Woche gegen die NRW-Gemeindereform protestieren. Vorwurf an die Landesregierung: Stadtwerke sollen den Konzernen geopfert werden

DÜSSELDORF taz ■ Die kommunale Basis begehrt auf gegen Schwarz-Gelb. Ein breites Bündnis aus Bürgermeistern, Gemeindebund, Gewerkschaftern, kommunalen Arbeitgebern und Stadtwerke-Mitarbeitern demonstriert am kommenden Mittwoch vor der NRW-Staatskanzlei in Düsseldorf gegen die geplante neue Gemeindeordnung. Der Protestmarsch richtet sich gegen das Vorhaben von CDU und FDP, die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen einzuschränken (siehe Kasten). „Wir rechnen mit 8.000 bis 10.000 Demo-Teilnehmern“, sagt Markus Moraing vom Verband kommunaler Unternehmen (VKU) – dem NRW-Dachverband städtischer Eigenbetriebe und GmbHs, die durch die Novelle ihre Zukunftschancen bedroht sehen.

„Was die Koalition da vorhat, ist diskriminierend und verfassungswidrig“, sagt der Dortmunder Stadtwerke-Chef Guntram Pehlke. Die seit mehr als 100 Jahren bestehende Tradition der Stadtwerke bei der Grundversorgung der Bevölkerung mit Strom, Wasser und Gas sei bedroht, wenn die Landesregierung den Stadtwerken ihre Tätigkeiten nur noch in „dringenden“ Fällen gestatte. „Die Novelle gibt der Regierung die Chance, in unsere Projekte reinzugrätschen“, sagt Pehlke. Man wäre dann der „Willkür“ von Landesinnenminister Ingo Wolf (FDP) ausgesetzt, der als oberster Kommunalaufseher Projekte der Stadtwerke stoppen könnte. Pehlke: „Und wie Wolf tickt, weiß man ja: Privat vor Staat.“

Profiteure der schwarz-gelben Reform wären die großen Energiekonzerne. Als Beispiel benennt der Dortmunder Pehlke das geplante neue Gasspeicher-Projekt für das Ruhrgebiet. Der Vorteil: Wer selbst Gas speichern kann, muss bei Versorgungsengpässen extreme Preissteigerungen nicht direkt bezahlen. Würde der Gasspeicher nicht genehmigt, hätten die Bürgerinnen und Bürger den Schaden dieses unfairen Wettbewerbs.

Hauptredner bei der Düsseldorfer Demo wird ein Christdemokrat sein – der Neusser Bürgermeister Herbert Napp. Wie andere Rathauschefs fürchtet Napp, dass künftig nur defizitäre Aufgaben der Daseinsvorsorge, wie etwa der öffentliche Nahverkehr, bei den Gemeinden hängen bleiben. „Es kann nicht sein, dass wir alle profitablen Betriebe privatisieren müssen“, sagt der CDU-Kommunalpolitiker.

FDP-Fraktionschef Gerhard Papke beharrt indes auf der Reform: „Der Expansion der kommunalen Betriebe werden Grenzen gesetzt.“ Das Kerngeschäft der Städte bei der Daseinsvorsorge werde dagegen nicht angetastet, sagte der Liberale gestern zur taz. Einige Stadtwerke-Vertreter arbeiteten mit „verzerrenden Beispielen“, die Koalition werde dennoch zu ihrem Entwurf stehen. „Wir hoffen, dass sich die vernünftigen Kommunalpolitiker in der CDU doch noch durchsetzen“, sagt VKU-Sprecher Markus Moraing. Derzeit können die Verbände noch Stellungnahmen bei der Landesregierung abgeben, um Änderungen am Referentenentwurf aus dem Wolf-Ministerium zu erreichen.

MARTIN TEIGELER