Steinbrück kollidiert mit dem SPD-Parteirat

Das sozialdemokratische Ländergremium hadert mit der Unternehmensteuerreform des Bundesfinanzministers

BERLIN taz ■ Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat Probleme, seiner SPD die von ihm geplante Steuersenkung für Unternehmen zu erklären. In der Sitzung des Parteirates musste sich der Minister gestern anhören, er solle die Steuererleichterungen „minimieren“. Die SPD-Vertreter aus den Bundesländern sehen einen deutlichen „Bedarf für Nachbesserungen“. Besonders die Städte dürften bei der Gewerbesteuer kein Geld verlieren, erklärte Claus Möller, Chef der schleswig-holsteinischen SPD und des Parteirats.

Nicht nur wegen des kontroversen Themas wurde die Debatte hart geführt, sondern auch weil Steinbrück seine Position in gewohnt brüsker Art markierte. Manche Teilnehmer des Parteirates hatten den Eindruck, Steinbrück habe mit Rücktritt gedroht, falls die Partei ihm die Unterstützung verweigere. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil wollte davon nichts gemerkt haben. Allerdings, so Heil, habe Steinbrück klargemacht, dass sein Verhandlungsspielraum gegenüber der Union begrenzt sei.

Die große Koalition plant, die Gewinnsteuer für Unternehmen von heute 38,7 Prozent Anfang kommenden Jahres auf 29,8 Prozent zu senken. Außerdem will die Bundesregierung ab 2009 eine niedrige Abgeltungsteuer für Kapitalgewinne einführen. Alles zusammen, so hat eine Arbeitsgruppe von Steuerexperten aus Bund, Ländern und Gemeinden im Auftrag des Bundesfinanzministeriums berechnet, wird anfangs 8 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Erst 2011 sinken die kalkulierten Mindereinnahmen unter 5 Milliarden Euro.

Diese Wirkung steht im Widerspruch zu Zusicherungen, die die SPD-Spitze ihrer Partei gegeben hatte, als es darum ging, eine Mehrheit für die umstrittene Reform zu organisieren. Der Parteitag im Mai 2006 hatte die Formulierung beschlossen, die Reform müsse „annähernd aufkommensneutral“ erfolgen. Hintergrund war, dass vor allem die Linken in Zeiten von Hartz IV den Unternehmen keine allzu großzügigen Geschenke machen wollten. Später versprach Steinbrück immerhin noch, dass die Erleichterung für Konzerne höchstens 5 Milliarden Euro pro Jahr kosten werde.

Auf beide Zusagen pocht nun die Parlamentarische Linke der SPD im Bundestag. Um diese Kritik abzuwehren, benutzen die Befürworter der Reform recht gewitzte Argumente. In einem Brief an die „lieben Genossinnen und Genossen“ stellt SPD-Fraktionsvize Joachim Poß die versprochenen Einnahmeverluste von höchstens 5 Milliarden Euro quasi als Durchschnitt aus mageren und fetten Jahren dar. Hohe Verluste am Anfang und niedrige Verluste nach einigen Jahren würden sich demnach ausgleichen. Für die Parlamentarische Linke hat das trotzdem nichts mit Aufkommensneutralität zu tun. Ihr Sprecher, Ernst-Dieter Rossmann, versteht darunter Einnahmeverluste von höchstens 1 Milliarde Euro.

Doch auch dafür hat das Finanzministerium ein Gegenargument entwickelt. Bereits von 2010 an würden die Einnahmen aus Körperschaft- und Gewerbesteuer insgesamt wieder über dem Niveau von 2006 liegen. Wenn das nicht aufkommensneutral genannt werden darf! Unter anderem die gute Konjunktur und weiteres Wachstum sollen es möglich machen. Im Parteirat blieben gestern Zweifel – besonders angesichts Steinbrücks Idee, das Kindergeld nicht zu erhöhen, um Mittel für den Ausbau der Krippenplätze für Kleinkinder zu erwirtschaften. HANNES KOCH