Die Welt diskutiert den Libyen-Einsatz

OPERATION ODYSSEE DAWN In Deutschland wächst die Kritik an der Bundesregierung, in der Welt die Kritik am Militäreinsatz

„Wir sagen Nein zur Doktrin des Regimewechsels und Nein zu einer Besetzung Libyens“

JACOB ZUMA, SÜDAFRIKAS PRÄSIDENT

BERLIN dpa/afp/dapd/taz | Am Libyenkrieg wird sich die Bundeswehr nicht beteiligen, in Afghanistan übernimmt sie dafür mehr Verantwortung. Am Mittwoch will die Bundesregierung über eine Beteiligung deutscher Soldaten an Awacs-Flügen über Afghanistan entscheiden. Dafür sollen etwa 300 Mann eingeplant werden, ohne die vom Parlament beschlossene Obergrenze von 5.350 Mann zu erweitern.

Unterdessen reißt die Kritik an der deutschen Entscheidung nicht ab: Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach sagte der WAZ, die Enthaltung sei „nicht besonders überzeugend und führt bei vielen zu Irritationen“. Der außenpolitische Sprecher der EVP-Fraktion im Europarlament, Elmar Brok (CDU), ergänzte in der Passauer Neuen Presse: „Man kann auch eine Resolution des Weltsicherheitsrats unterstützen, ohne dass man sich dann an militärischen Einsätzen beteiligen muss.“

Die deutsche Enthaltung sei ein „Desaster“, die Europa für längere Zeit schwächen werde, sagte der Vizechef der SPD-Fraktion, Gernot Erler, dem Bayerischen Rundfunk. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin meinte, Angela Merkel und Guido Westerwelle hätten den Eindruck erweckt, „als sei die Unterstützung der Opposition in Libyen kein ernsthaftes Anliegen deutscher Politik“. Es sei zwar richtig, dass sich Deutschland nicht militärisch an der Operation beteilige. „Aber diese richtige Haltung kann man auch anders ausdrücken als durch Enthaltung.“

Die schärfste Kritik formulierte der ehemalige Außenminister Joschka Fischer, der in einem Gastbeitrag für die Süddeutsche Zeitung von einem „skandalösen Fehler“ sprach. Deutschland habe in der UN und und im Nahen Osten seine Glaubwürdigkeit eingebüßt und den eigenen Anspruch auf einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat „endgültig in die Tonne getreten“.

Internationale Kritik

International hingegen wächst die Kritik am Militäreinsatz. So forderte der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu, dass die UN die Führung des Militäreinsatzes übernehmen solle. Es stehe dann einzelnen Staaten frei, sich an dem Einsatz zu beteiligen. Die Türkei selbst aber werde „keine Waffe auf libysche Brüder richten“. Ähnlich äußerte sich Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. „Unsere Beziehungen mit Libyen beruhen nicht auf dem Durst nach Öl oder blanken Interessen“, sagte er.

„Als Südafrikaner sagen wir Nein zum Töten von Zivilisten, Nein zur Doktrin des Regimewechsels und Nein zu einer ausländischen Besetzung Libyens“, betonte der südafrikanische Präsident Jacob Zuma. Er appellierte an die beteiligten Seiten, sich an die UN-Resolution zu halten und die Angriffe auf Zivilisten umgehend zu beenden. „Alle Operationen müssen darauf gerichtet sein, das Flugverbot durchzusetzen.“ Eine der zehn Stimmen für die UN-Resolution war aus Südafrika gekommen.

Boliviens Präsident Evo Morales – wie Erdogan Träger des „Gaddafi-Preises für Menschenrechte“ – forderte wegen der Luftangriffe auf Libyen, US-Präsident Barack Obama den Friedensnobelpreis abzuerkennen.

Auch die Vetomächte China und Russland, die mit ihrer Stimmenthaltung die UN-Resolution erst ermöglicht hatten, forderten eine „sofortige Waffenruhe“. Ziel der UN-Resolution sei es, die Zivilbevölkerung zu schützen, „aber die von einigen Ländern ergriffenen militärischen Aktionen fordern zivile Opfer“, sagte eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking. Der „kürzeste Weg hin zur Sicherheit“ sei ein Ende der Gewalt und ein Dialog, meinte auch Russlands Außenminister Anatoli Serdjukow.

Der spanische Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero hingegen verteidigte den Einsatz. Die Intervention sei „legitim“ und beruhe auf „humanitären Prinzipien“. Ziel sei es nicht, Gaddafi zu stürzen, aber ihn daran zu hindern, „sein eigenes Volk umzubringen“, sagte Zapatero im spanischen Parlament.

Es gehe nicht darum, in ein Land einzumarschieren, betonte der britische Premierminister David Cameron. Libyen müsse Gaddafi loswerden, dies sei jedoch nicht das Ziel des Einsatzes: „Unsere Aufgabe ist es, die UN-Resolution durchzusetzen. Die Aufgabe des libyschen Volkes ist es, seine Zukunftsoption zu wählen“, sagte er im britischen Unterhaus. Gaddafi sei dabei gewesen, eine UN-Sicherheitsresolution zu brechen. Mit der Behauptung, eine sofortige Waffenruhe angeordnet zu haben, habe Gaddafi die Welt belogen.

Am Montagabend billigte das Unterhaus mit 557 zu 13 Stimmen den Einsatz britischer Truppen. Am Dienstag stimmte das spanische Parlament mit 336 zu 3 Stimmen dem Einsatz von vier F-18-Kampfflugzeugen und Marineeinheiten zu.