Der klapprige Krieger

RÜSTUNG Die militärische Stärke des Diktators ist schwer zu beurteilen. Er hat Elitetruppen und Milizen. Aber vieles in seinem Waffenarsenal ist veraltet

LONDON rtr/dpa/afp | Vor Beginn des Volksaufstands konnte sich Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi auf dem Papier auf eine Armee von 76.000 Soldaten mit 2.000 Panzern, 374 Flugzeugen und einigen Schiffen stützen. Allerdings ist ein Großteil der Rüstung nicht einsatzfähig, und viele Soldaten sind samt Ausrüstung und Gerät zu den Rebellen übergelaufen.

Mit etwa 50.000 Soldaten, davon die Hälfte Wehrpflichtige, ist das Heer die größte der drei Teilstreitkräfte. Viele der etwa 800 Kampfpanzer sollen nicht einsatzbereit sein. Hinzu kommen etwa 1.000 Schützenpanzer, 945 gepanzerte Mannschaftstransporter, 2.421 Artilleriegeschosse und mindestens 424 bodengestützte Flugabwehrraketen. Wegen internationaler Sanktionen gilt die Armee als geschwächt, die meisten Panzerfahrzeuge sind hoffnungslos veraltet. Das Internationale Institut für Strategische Studien schätzt Gaddafis Bestand auf über 160 schwere Kampfpanzer der russischen Typen T-72 und T-55, dazu mehr als 160 leichte Schützenpanzer, von denen rund drei Viertel betriebsbereit sein sollen.

Was Gaddafis Luftwaffe angeht, sind Experten zufolge viele der 374 Flugzeuge nicht flugtauglich. Laut International Institute for Strategic Studies verfügt Gaddafi über 6 Geschwader mit bis zu 40 einsatzfähigen, wenn auch veralteten Jets, darunter 4 bis 6 französische Mirage F1, 4 bis 6 russische SU-24-Jagdbomber, 8 bis 12 SU-22-Jagdbomber und 8 bis 12 MiG-23-Kampfjets.

Die Seestreitkräfte einschließlich der Küstenwache haben 19 Schiffe, darunter 2 dieselgetriebene Unterseeboote sowjetischer Bauart. Experten zweifeln seit Langem an der Einsatzfähigkeit der aus den Achtzigerjahren stammenden Boote.

Gaddafi verlässt sich nicht auf die gesamten libyschen Streitkräfte. In den Siebziger- und Achtzigerjahren schwächte er systematisch die Armee und baute stattdessen die 40.000 Soldaten zählende Volksmiliz auf. Weiterhin gibt es Eliteeinheiten des Militärs, oft von seinen Familienangehörigen kommandiert. Am wichtigsten sind die Revolutionsgarden. Sie sind nach Einschätzung des Forschungsinstitut Jane’s 3.000 Mann stark und verfügen über Kampfpanzer, Helikopter und Truppentransporter. Rekrutiert werden sie aus Gaddafis Heimatregion Sirte. Als schlagkräftigste Truppe neben der Revolutionsgarde gilt die 32. Brigade, die Gaddafis Sohn Chamis befehligt.

An den Kämpfen gegen die Rebellen sind auch afrikanische Söldner beteiligt, meist aus Sahelstaaten. Gaddafi soll außerdem noch über etwa 9,5 Tonnen Senfgas an einem geheimen Ort in der Wüste verfügen.

Militärexperten gehen davon aus, dass Gaddafi in Reaktion auf den internationalen Luftkrieg gegen ihn seine Einheiten in städtischen Zentren sammeln wird, deren Bewohner dann gezwungenermaßen als menschliche Schutzschilde dienen. Viele Eliteeinheiten bewegen sich außerdem in zivilen Fahrzeugen und sind damit aus der Luft nicht zu identifizieren.