Schuldenerprobt und irgendwie optimistisch

PLEITE Die argentinische Wirtschaft stagniert. Da kommt der Streit mit den Hedgefonds nicht gut

Kein Zugang zum Finanzmarkt – keine neuen Probleme

BUENOS AIRES taz | Den 30. Juli haben die Argentinier noch gut in Erinnerung. Nicht, weil ihr Land da für zahlungsunfähig erklärt wurde, sondern weil Julio Grondona, der mächtige Chef des argentinischen Fußballverbandes, im Alter von 82 Jahren starb. Das Gerangel um seine Nachfolge beschäftigt viele Menschen mehr als Geierfonds und die Folgen ihres Wirkens.

Argentinier sind ohnehin schuldengeplagt und -erprobt. Lange galt das Land als Musterschüler des Internationalen Währungsfonds und befolgte dessen Anweisungen, bis die Staatsverschuldung auf über 150 Milliarden Dollar anwuchs. 2002 lebte die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze, eine Interimsregierung erklärte den Staatsbankrott und stellte die Schuldentilgungen ein.

Seither ist Argentinien von den internationalen Finanzmärkten so gut wie ausgeschlossen. Schon deshalb hatte die erneute Zahlungsunfähigkeit keine abrupten Konsequenzen. Der Aktienindex an der Börse von Buenos Aires sank um gerade mal 0,2 Prozent. Auf dem Schwarzmarkt verbilligte sich der Dollar nur kurzzeitig. Das Länderrisiko für argentinische Schuldscheine lag Ende vergangener Woche bei 698 Punkten – niedriger als vor der proklamierten Zahlungsunfähigkeit.

Berichte, dass sich vier große internationale Privatbanken mit den renitenten Altschuldnern auf einen Deal einigen werden, der den New Yorker Richter dazu bringe, die blockierten Zahlungen an die Gläubiger freizugeben, beflügeln den Optimismus. Das Motiv der Banker: Sie halten so viele argentinische Bonds, dass ein Kurseinbruch teurer wäre als eine Einigung mit den Hedgefonds.

Allerdings befindet sich die argentinische Wirtschaft seit drei Monaten in der Rezession. Und die Inflationsrate ist mit geschätzten 30 Prozent jährlich eine der höchsten der Welt. Beides macht den Argentiniern schwer zu schaffen und könnte sich nun weiter verschärfen.

Hinzu kommt, dass es dem argentinischen Staat auch zwölf Jahre nach der großen Pleite nicht gelungen ist, am Schuldenberg zu kratzen. Von rund 153 Milliarden Dollar 2001 stieg die Staatsschuld auf 200 bis 240 Milliarden Dollar, je nach Statistik. Immerhin verbucht die Regierung eine erfolgreiche Änderung der Schuldenstruktur für sich: Die Auslandsschuld auf Dollar-Basis wurde zu einer steigenden Verschuldung im Inland auf Peso-Basis. Auch die Schuldenquote hat sie abgesenkt, die die Staatsverschuldung in Prozent der Wirtschaftsleistung misst. 2003 lag sie noch bei 140 Prozent, 2013 waren es nur noch 45,6 Prozent. Nachbar Brasilien hat eine Quote von 67, Deutschland von 80, die USA von 105 und Japan von 244 Prozent. JÜRGEN VOGT