„Die Ignoranz ist gescheitert“

Autor Daniel Speck über seinen Erfolgsfilm „Meine verrückte türkische Hochzeit“

taz: Herr Speck, nach dem Sieg von „Meine verrückte türkische Hochzeit“ freut man sich bei 3sat über das Votum „aller übriggebliebenen Romantiker“ gegen den „Kampf der Kulturen“. Und selbst

Daniel Speck: Was man da „Kampf der Kulturen“ nennen könnte, habe ich en miniature in meiner Familie immer mitbekommen: Mein Vater ist Tunesier, meine Mutter Deutsche. Obwohl: Kampf ist ein bescheuertes Wort. Es geht doch darum, wie jeder seine Religion und Kultur leben kann. Bei uns werden Ramadan und Weihnachten gefeiert, und das ist ganz normal.

Im deutschen TV sind Türken aber Drogendealer, Gemüsehändler oder bestenfalls Kommissar-Assis. Woran liegt’s?

Auch an den Medien, die eher die Unterschiede zeigen als klarmachen: Koexistenz ist möglich. Deshalb wollte ich in der „Türkischen Hochzeit“ auch das „normale“ türkische Leben zeigen: Der eine Sohn ist schwul, der andere Fundamentalist, der Vater trinkt Alkohol, die Werte gehen verloren – und natürlich hat die Tochter Sex vor der Ehe.

Und deshalb stecken Sie Götz’ Jeansladen mitten in einen türkischen Kiez in Berlin.

Ja, denn jetzt ist er derjenige, der sich anpassen muss. Viele Türken leiden unter diesem gewissen Integrationsdruck, diesem „Ihr müsst werden wie wir“. Und das haben wir einfach umgedreht. Aber natürlich mit viel Respekt für die einzelnen Figuren, die trotzdem augenzwinkernd ihr Fett abbekommen – und zeigen: Letztendlich ist es möglich, dass wir zusammenleben.

Humor ist der Schlüssel?

Absolut, das haben auch die vielen deutsch-türkischen Paare in meinen Vorrecherchen immer gesagt. Da ist viel mehr Selbstironie als gedacht. Das kommt im Film auch rüber, wenn es um bestimmte Werte in der türkischen Familie geht, die ich schön finde. Da sagt der Vater über die Deutschen: „Eure Autos streichelt ihr mehr als eure Kinder.“

Aber Multikulti ist doch angeblich gescheitert?

Unsinn. Was gescheitert ist, ist die Ignoranz. Dieses falsche Verständnis von Multikulti à la: Die leben ihr Leben, wir leben unseres, wir müssen uns nicht miteinander auseinandersetzen. Das hat sich geändert. Die multikulturelle Gesellschaft ist Fakt.

Interview: Steffen Grimberg