Kinder von Canon

Angestellte des Konzerns, die eine künstliche Befruchtung durchführen lassen, können Canon die Rechnung schicken

TOKIO taz ■ Mit Japans Konjunktur geht es aufwärts. Die Auftragsbücher der Unternehmen sind voll, und die Personalchefs jammern bereits über den ausgetrockneten Arbeitsmarkt.

Die Klagen über das Fehlen geeigneter Arbeitskräfte sind Ausdruck eines viel grundsätzlicheren Problems: Die japanische Bevölkerung geht zurück. Die Geburtenrate ist auf ein Rekordtief von 1,23 Geburten pro Frau gefallen. Und gleichzeitig altert die Bevölkerung der zweitgrößten Wirtschaftsnation der Welt wie die keines anderen Landes.

Viele Japanerinnen entscheiden sich inzwischen für Karriere statt Kind. Denn junge Mütter, die weiterarbeiten, werden in Japan schief angesehen. Dazu kommt, dass es an Krippen und Teilzeitstellen fehlt. Andere Frauen wiederum möchten zwar Nachwuchs, bekommen aber keinen – und für eine künstliche Befruchtung fehlt ihnen das nötige Geld.

Niemand wird der Regierung vorwerfen, sie habe die demografische Schieflage nicht rechtzeitig erkannt. Nur scheiterte sie bislang mit all ihren Initiativen, die Japanerinnen zu animieren, mehr Kinder in die Welt zu setzen. Ein Maßnahmenpaket mit dem stimmigen Namen „Engelplan“ verpuffte. Und als Gesundheitsminister Hakuo Yanagisawa, das für die Geburtenförderung zuständige Kabinettsmitglied, die Frauen unlängst als „Gebärmaschinen“ beleidigte, dürfte er die letzten Gebärwilligen in den Gebärstreik getrieben haben.

Zeit also für die Privatwirtschaft, das Heft selbst in die Hand zu nehmen: Der Kamera- und Bürogerätehersteller Canon unterstützt ab April die künstliche Befruchtung von Mitarbeiterinnen oder Ehefrauen von Mitarbeitern mit 1 Million Yen (rund 7.500 Euro). Nach einem Bericht der Zeitung Nikkei Weekly gilt die Finanzspritze sowohl für In-vitro-Befruchtung als auch für eine Spermieninjektion in die Eizelle.

Japans obligatorische Krankenkasse übernimmt solche Eingriffe nicht. Flankiert wird die finanzielle Unterstützung mit kürzeren Arbeitszeiten während der Behandlungsphase und einem zusätzlichen umfangreichen Beratungsangebot.

Mit seiner Initiative sticht Canon die Konkurrenz aus. Vor einem Jahr rief der Verband der japanischen Elektronikindustrie seine Mitglieder auf, endlich günstige Rahmenbedingungen für die künstliche Befruchtung zu schaffen.

Matsushita, die Herstellerin von Panasonic-Produkten, gewährt für die Behandlung eine Auszeit von einem Jahr. Unbezahlt, aber immerhin. Und Sharp legte ein spezielles Kreditprogramm auf, das den Mitarbeiterinnen erleichtern sollen, die hohen Behandlungskosten zu decken.

Doch mit seiner Befruchtungsförderung von insgesamt 1 Million Yen schlägt Canon alle Konkurrenten.

MARCO KAUFFMANN