Albträume eliminieren

Kreativität entsteht durch Tauschhandel und manchmal durch Diebstahl: Gestalterinnen der UdK, mit und ohne den Designpreis lili, in der Designtransfer Galerie

Pink ist das Logo. Eine Farbe, die noch immer das Weibliche zu repräsentieren scheint. Mit dem Designpreis lili zeichnet die Universität der Künste jährlich Absolventinnen der verschiedenen gestalterischen Studienrichtungen im Rahmen der Frauenförderung aus. Der geschwungene Schriftzug des Logos verweist verspielt auf Lilith, die verstoßene erste Frau Adams. Der Preis dient vor allem der Weiterqualifikation, dürfen doch die Gewinnerinnen anschließend an der Hochschule einen Workshop leiten.

Zu ihnen gehört Jana Linke, Preisträgerin für experimentelle Mediengestaltung, die sich der Ingenieurskunst und Mikroelektronik bedient hat. Sie entwickelte mit „Click & Glue“ ein „System, das sich selbst zerstört“. Ursprünglich als Performance konzipiert, ist es in der Galerie Designtransfer, die die prämierten Abschlussarbeiten und weitere eingereichte Ideen vorstellt, leider nur in Form einer Videodokumentation zu sehen. Ein mit Heißluft gefüllter Latexballon von 1,10 m Durchmesser schwebt durch den Raum, gesteuert von Mikrocontrollern, einem Zufallsgenerator und einem Kompass. Sobald der Ballon an die 3 x 3 m großen Metallplatten stößt, die den Raum begrenzen, setzt er einen Klebepunkt und befestigt damit eine Nylonschnur, mit der er sich schließlich bis zur völligen Bewegungsunfähigkeit selbst einspinnt. Ein schönes Bild für den Fleiß, mit dem am Stau gearbeitet wird.

Cornelia Durka, die Preisträgerin für Visuelle Kommunikation, beschäftigte sich mit dem Verhältnis von Zitat, Kopie und Inspiration unter dem Titel „Talent borrows/Genius steals?“ Mittels einer Guerillatechnik brachte sie in New York farbig bedruckte Dollarscheine in Umlauf oder deponierte Papierarbeiten an den Orten, an denen sie recherchierte, in Archiven und Bibliotheken oder Kunstbuchhandlungen. Wo sie ihre Spuren hinterließ, nahm sie im Gegenzug etwas mit, hier einen Flyer, dort eine Spielkarte. Eine im Leuchtkasten ausgestellte Fotografie zeigt das Sammelsurium der Souvenirs dieser Aktionen an ihrer Pinnwand. In ihrer als künstlerischen Katalog gestalteten Abschlussarbeit bleibt von den verteilten Gegenständen nur eine Blaupause als Schatten und Reminiszenz an die losgelassenen Objekte. Kreativität wird so als spielerischer Prozess des Diebstahls und der Aneignung geschildert, des Tauschhandels und der Einbindung in neue Zusammenhänge.

Auch Silke Meyer arbeitet mit fremden Versatzstücken. Sie sammelte Traumerzählungen und illustrierte sie mit surrealen Collagen. Das stark an Max Ernst erinnernde Werk „Nachtcollagen“ überzeugt dabei vor allem dank der medialen Umsetzung: Traumtexte und -bilder druckte die Absolventin der Visuellen Kommunikation auf Thermofaxpapier, bei Lichteinwirkung werden die Zeichnungen nach und nach verblassen. Fett und Wärme erzeugen außerdem schwarze Flecken, Tesafilm bringt die Farbe zum Verschwinden. So kann der Leser selbst eingreifen, „Albträume eliminieren“ und „Details hinzufügen“.

Weil die Ausstellung der Designerinnen aber auch der Bandbreite der Lehre an der UdK Rechnung tragen will, ist zu viel Unterschiedliches in den kleinen Galerieraum gequetscht. Man braucht Geduld, um sich von wissenschaftlichen Abschlussarbeiten zu Modeschöpfungen und Architekturkonzepten vorzuarbeiten. Weiter hilft da das Gespräch mit den Gestalterinnen und Mitarbeitern von Designtransfer, die abwechselnd vor Ort sind. CLAUDIA WENTE

Designtransfer Einsteinufer 43–53, Di.–Fr. 13 bis 18 Uhr, bis 2. März