„In 48 Stunden ist es vorbei“

LIBYEN Gaddafis Truppen rücken vor, UNO berät

TOBRUK/BERLIN dapd/dpa/rtr/taz | Gaddafis Truppen setzen ihre Offensive fort. In der Nacht auf Mittwoch beschossen sie die Stadt Adschdabija pausenlos mit Artillerie. Dabei gab es kaum Widerstand der Rebellen, die nur leichte Waffen besitzen. Ex-Innenminister Abdulfattah Junis, der sich ihnen angeschlossen hat, sagte dem Fernsehsender al-Arabia, die „Revolutionäre“ hätten in Adschdabija Dutzende Soldaten getötet oder gefangen genommen. Die Regierung hingegen behauptete, die Stadt zurückerobert zu haben. „In 48 Stunden wird alles vorbei sein“, sagte Gaddafis Sohn Saif al-Islam am Mittwochnachmittag im TV-Sender Euronews. Mit dem Fall Adschdabijas wäre der Weg in die 160 Kilometer entfernte Rebellenhauptstadt Bengasi frei.

„Die Menschen warten ungeduldig auf internationale Schritte“, sagte Sadun al-Misrati, ein Sprecher der Rebellen in Misrata, der letzten im Westen von Aufständischen gehaltenen Stadt. „Gaddafi nutzt das Zögern der internationalen Gemeinschaft aus. Misrata werde von drei Seiten mit Panzern und Artillerie beschossen. Gaddafis Truppen sei es aber bislang nicht gelungen, in die Stadt einzudringen.

Am Mittwoch wollte der UN-Sicherheitsrat über einen Resolutionsentwurf beraten, der „alle Flüge“ über Libyen verbieten und „alle notwendigen Mittel, dies durchzusetzen“, erlauben sollte. Dem britischen UN-Botschafter Mark Lyall Grant zufolge soll die Resolution „Paragraf für Paragraf“ beraten werden. Mit einer Abstimmung sei nicht vor Donnerstag zu rechnen. Der erste Teil des Entwurfs, in dem die Flugverbotszone gefordert wird, wurde vom Libanon verfasst, der zweite von Großbritannien und Frankreich. Dabei geht es um härtere Sanktionen.

China, Russland und Deutschland und andere Staaten lehnen eine Flugverbotszone ab, wie am Mittwoch Angela Merkel und Guido Westerwelle bekräftigten – und wofür sich Gaddafi dankbar zeigt: „Die Deutschen haben uns gegenüber eine sehr gute Position eingenommen“, sagte er am Dienstag dem Fernsehsender RTL. Anders als andere westlichen Staaten werde Deutschland wohl auch künftig Ölaufträge aus Libyen bekommen. 88 Prozent der Deutschen lehnten bei einer Forsa-Umfrage eine Militärintervention mit deutscher Beteiligung ab. 56 Prozent befürworteten eine Flugverbotszone.

„Es widert mich an, was in der Europäischen Union passiert“, rief der Vorsitzende der Liberalen im Parlament, der belgische Ex-Regierungschef Guy Verhofstadt. In Bengasi drohe „ein Massaker“. Ähnlich äußerte sich EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy. „Entweder lassen wir Gaddafi gewähren und fügen der europäischen Geschichte ein weiteres düsteres Kapitel zu. Oder wir versuchen, es zu verhindern.“ Er hoffe, dass Frankreich, Großbritannien und die USA eingreifen.

Die USA verhängten derweil weitere Sanktionen. Zudem werde überprüft, mit gesperrtem Geld die Rebellen zu unterstützen. Die USA haben 32 Milliarden Dollar aus Libyen gesperrt.