Kurz vor Bengasi

LIBYEN Gaddafis Truppen rücken vor, UNO berät

TOBRUK/BERLIN dapd/dpa/reuters/taz | Muammar al-Gaddafis Truppen setzen ihre Offensive fort. Adschdabija im Osten Libyens wurde pausenlos mit Artillerie beschossen. Dabei gab es kaum Widerstand der Rebellen, die nur über leichte Waffen verfügen. Viele Menschen sind aus der Stadt geflohen. Mit dem Fall von Adschdabija wäre für Gaddafis Truppen der Weg ins 160 Kilometer entfernte Bengasi frei.

Der frühere Innenminister Abdulfattah Junis, der sich den Rebellen angeschlossen hat, sagte im Nachrichtensender al-Arabia, die „Revolutionäre“ hätten in Adschdabija Dutzende von Soldaten getötet oder gefangen genommen. Gaddafis Sohn Saif al-Islam behauptete hingegen im TV-Sender Euronews, man stehe kurz davor, wieder das gesamte Land zu kontrollieren.

Allerdings ist der erste Versuch, die libysch-ägyptische Grenze unter Kontrolle zu bringen, den Rebellen zufolge gescheitert. In Tobruk im äußersten Osten habe sich eine Einheit den Rebellen ergeben.

„Die Menschen warten ungeduldig auf internationale Schritte“, sagte Sadun al-Misrati, ein Sprecher der Rebellen in Misrata, der letzten im Westen von Aufständischen gehaltenen Stadt. „Gaddafi nutzt das Zögern der internationalen Gemeinschaft aus. Misrata werde von drei Seiten mit Panzern und Artillerie beschossen. Gaddafis Truppen sei es aber bislang nicht gelungen, in die Stadt einzudringen.

Am Mittwoch wollte der UN-Sicherheitsrat über einen neuen Resolutionsentwurf beraten, der „alle Flüge“ über Libyen verbieten und „alle notwendigen Mittel, um dies durchzusetzen“, erlauben sollte. Laut dem britischen UN-Botschafter Mark Lyall Grant sollte die Resolution „Paragraf nach Paragraf“ beraten werden. Mit einer Abstimmung sei aber nicht vor Donnerstag zu rechnen. Der erste Teil des Resolutionsentwurfs, in dem die Flugverbotszone gefordert wird, wurde vom Libanon verfasst, der zweite von Großbritannien und Frankreich. Dabei geht es um härtere Sanktionen gegen Gaddafi und dessen Umfeld.

China, Russland und Deutschland lehnen eine Flugverbotszone ab – wofür sich Gaddafi dankbar zeigt: „Die Deutschen haben uns gegenüber eine sehr gute Position eingenommen“, sagte er im Interview mit dem TV-Sender RTL. Anders als andere westlichen Staaten werde Deutschland wohl auch künftig Ölaufträge aus Libyen bekommen.

88 Prozent der Deutschen lehnten bei einer Forsa-Umfrage eine militärische Intervention mit deutscher Beteiligung ab. 56 Prozent der Befragten befürworteten die von den Aufständischen geforderte Flugverbotszone. Allerdings hält auch Frankreichs Außenminister Alain Juppé diese Forderung inzwischen für „überholt“, wie er am Dienstag sagte.

Die USA verhängte unterdessen weitere Sanktionen gegen Gaddafi. Zudem werde überprüft, mit gesperrtem Geld die Rebellen zu unterstützen. Die USA haben 32 Milliarden Dollar aus Libyen gesperrt.