Heiliger Geist erhört Banker

GELD Portugal rettet seine Pleite-Großbank Espírito Santo. Staat oder Steuerzahler soll die Milliardenhilfe nichts kosten – angeblich

„Derzeit gilt das Prinzip Hoffnung“

WIRTSCHAFTSPROFESSOR RUDOLF HICKEL

VON HERMANNUS PFEIFFER

HAMBURG taz | Nur wenige Monate nach dem Verlassen des EU-Rettungsschirms hat Portugal einen neuen Krisenherd zu löschen. Die in Richtung Pleite taumelnde private Großbank Banco Espírito Santo (BES) wird zweigeteilt: Faule Geschäfte sollen in eine Bad Bank ausgelagert werden, die weiterhin den alten Aktionären gehört, darunter die französische Großbank Crédit Agricole mit 15 Prozent. Das normale Bankgeschäft wird seit diesem Montag unter dem Namen Novo Banco fortgesetzt. Die „Neue Bank“ erhält eine Finanzspritze von 4,9 Milliarden Euro. Das Abwicklungsprogramm sehe „im Gegensatz zu früheren Lösungen überhaupt keine Kosten“ für den Staat oder für den Steuerzahler vor, versicherte Zentralbank-Chef Carlos Costa, auf einer Pressekonferenz in der Nacht zum Montag in Lissabon.

Die 1869 gegründete BES hatte am Mittwoch für das erste Halbjahr einen Rekordverlust von 3,57 Milliarden Euro gemeldet. Mit diesem Fehlbetrag war das restliche Eigenkapital von 2,1 Milliarden Euro aufgebraucht – das Kreditinstitut faktisch pleite. Der Aktienkurs fiel von einst 1,35 Euro auf unter 10 Cent in den Keller. Am Montag wurde der Aktienhandel dann ausgesetzt. Die alljährliche Hauptversammlung der Aktionäre war zuvor schon abgesagt worden, und die Notenbank hatte den alten Vorstand abgesetzt. Die Deutsche Bank soll inzwischen als Krisenberater engagiert sein.

Die Bank des Heiligen Geistes galt bis vor Kurzem als kerngesund. Zum Verhängnis wurde ihr die enge Verflechtung mit der Unternehmensgruppe der gleichnamigen Familie Espírito Santo, die sich mit ruinösen und illegalen Finanzgeschäften verspekuliert hat. In den vergangenen Tagen mussten mehrere der Unternehmen Insolvenz beantragen, darunter die Holding in Luxemburg.

Die Notenbank spricht zudem von „Hinweisen“ auf illegale Praktiken. In der vergangenen Woche hatte die portugiesische Justiz den 70-jährigen Familienpatriarchen Ricardo Salgado, dem ein erheblicher Einfluss auf die Regierung in Lissabon nachgesagt wurde, unter dem Verdachts der Geldwäsche festgenommen. Schon seit 2012 untersuchen Fahnder die weitverzweigten Geschäfte der Familie. Es geht um Schweizer Vermögensverwalter, angolanische Kredite und Offshore-Konten in Luxemburg.

Die EU-Kommission hat die zwischenzeitliche Staatshilfe genehmigt. Doch die Finanzspritze soll weder den Staat noch die Einlagenbesitzer in Mitleidenschaft ziehen, versicherte Zentralbank-Chef Costa. Die Hilfsmilliarden sollen letztlich aus einem Fonds kommen, in den die portugiesischen Banken einzahlen. Zunächst aber schießen Portugal, EU, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds das Geld vor. Kritiker weisen darauf hin, dass der portugiesische Bankenrettungsfonds erst 2016 startklar sein werde – am Ende also vielleicht doch die Steuerzahlen für die Pleite aufkommen müssten.

Für die Eurozone ist Deutschlands Kapitalmarktkenner Rudolf Hickel allerdings optimistisch: „Es zeigt sich, die derzeitigen Rettungsinstrumente können eine Spekulationswelle mit Dominoeffekt verhindern“, sagte der Wirtschaftsprofessor der taz. Bei dem von Costa vorgestellten Rettungsplan handele es sich um eine Zwischenfinanzierung „mit allerdings hohen Risiken“. Hier zeige sich auch die Notwendigkeit einer funktionierenden Euro-Bankenunion, denn dann würde die Überlebensfähigkeit der abgespaltenen Bank offiziell überprüft. „Derzeit gilt das Prinzip Hoffnung.“ Wenn die Hoffnung stirbt, könnte es noch teuer werden.

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