Wulff und Piëch schließen Frieden

Der Ministerpräsident bekennt sich zum Engagement des Landes Niedersachsen bei Volkswagen. Das größere Gewicht im Aufsichtsrat gebühre aber Hauptaktionär Porsche

WOLFSBURG taz ■ Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff hat gestern auf einer Betriebsversammlung im VW-Stammwerk den Friedensschluss des Landes mit dem neuen VW-Großaktionär Porsche öffentlich besiegelt. In einer leergeräumten Anlieferungshalle versicherte Wulff vor 18.000 VW-Mitarbeitern, Porsche und Niedersachsen würden bei VW „in Zukunft an einem Strang ziehen“.

Zugleich gestand der CDU-Politiker die eigene Niederlage im Machtkampf der Großaktionäre ein: Niedersachsen werde künftig mit zwei, Porsche mit drei Mitgliedern im VW-Aufsichtsrat vertreten sein, sagte Wulff. Zudem gab er grünes Licht für eine weitere Amtszeit von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch: „Dass der größte Aktionär den Aufsichtsratsvorsitz beanspruchen kann, das akzeptieren wir.“

Niedersachsen besitzt derzeit 20,8 Prozent der VW-Aktien, Porsche 27,4 Prozent. Der Ministerpräsident hatte bislang aber eine gleichrangige Vertretung der beiden Großaktionäre im Aufsichtsrat verlangt. Nachfolger von Piëch sollte dabei ein neutraler Aufsichtsratschef werden.

Nun hat sich die Situation geändert. Der Europäische Gerichtshof ist nahe daran, das VW-Gesetz, das das Stimmrecht jedes Aktionärs unabhängig von seinem Anteil auf 20 Prozent begrenzt, zu kippen. Aus diesem Anlass hatte Wulff in den vergangenen Wochen mehrere Gespräche mit dem Porsche-Großaktionär Piëch geführt.

Bei der Betriebsversammlung setzten die beiden jetzt gemeinsam mit dem Betriebsratsvorsitzenden Bernd Osterloh und dem neuen VW-Chef Martin Winterkorn für ein Versöhnungsgruppenfoto ihr schönstes Lächeln auf. Dazu intonierte das VW-Werksorchester mit schweren Paukenschlägen „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss.

Für den seit 2003 amtierenden Wulff war es der erste Auftritt als Ministerpräsident vor einer Betriebsversammlung in Wolfsburg. Angesichts der VW-Affäre hatte er Wolfsburg einmal öffentlich als „Saustall“ bezeichnet, den es auszumisten gelte. Dennoch reagierte die Versammlung mehr mit Beifall als mit Unmut auf die Rede.

Der Ministerpräsident versicherte, dass das Land seine VW-Anteile nicht verkaufen werde. „Niedersachsen und VW – das ist eine Einheit“, sagte er. Das VW-Gesetz sei allerdings in seiner Bedeutung überschätzt worden. Die Stimmrechtsbegrenzung sei nicht nur dort, sondern auch in der VW-Unternehmenssatzung verankert. Davon unabhängig werde das Land auf VW-Hauptversammlungen immer die Sperrminorität haben, um eine Zerschlagung oder Aufspaltung des Autokonzerns zu verhindern. Um den Zugriff von Finanzinvestoren auf Volkswagen zu verhindern, habe man zudem in Porsche einen verlässlichen Partner. JÜRGEN VOGES