Razzia bei Siemens

Behörden haben etwa 30 Büros und Wohnungen von Mitarbeitern durchsucht, weil sie Untreue vermuten

MÜNCHEN dpa/ap ■ In einer groß angelegten Razzia haben rund 200 Polizisten, Staatsanwälte und Steuerfahnder gestern den Siemens-Konzern durchsucht. „Es besteht der Verdacht, dass einzelne Angestellte des Konzerns Gelder veruntreut haben“, sagte der Oberstaatsanwalt Anton Winkler in München. Die Ermittler nahmen ungefähr 30 Büros und Privatwohnungen von Siemens-Mitarbeitern in München, Erlangen und anderen Orten unter die Lupe. Der Siemens-Konzern will die Fahnder bei den Ermittlungen unterstützen.

Nach Informationen von Spiegel Online sollen Mitarbeiter des Konzerns Bestechungsgelder an potenzielle Auftraggeber gezahlt haben. Der Transfer soll teilweise auch über Schweizer Auslandskonten abgewickelt worden sein. Zu Einzelheiten wollte sich der Staatsanwalt gestern nicht äußern.

Auch wie die Ermittler auf die Spur der jetzt verdächtigen Siemens-Mitarbeiter kamen, blieb unklar. „Dazu wollen wir uns zu diesem Zeitpunkt nicht äußern“, sagte der Staatsanwalt. Siemens will mit den Behörden kooperieren. „Wir unterstützen die Ermittlungen in jeder Form“, sagte ein Sprecher. In welchem Bereich die Mitarbeiter beschäftigt sind oder waren und welche Standorte durchsucht wurden, ließ er mit Hinweis auf das schwebende Verfahren offen. Mit den internen Richtlinien für Siemens-Mitarbeiter sind Geldzahlungen an Auftraggeber nicht zu vereinbaren. „Es gibt bei uns klare Regeln, was an Geschenken erlaubt ist“, sagte ein Unternehmenssprecher gestern.

Trotzdem kommt es nicht nur bei Siemens vor, dass sich Mitarbeiter durch die Zahlung von Bestechungsgeld Aufträge und somit Provisionen sichern wollen. Es kommt auch vor, dass Angestellte umgekehrt Geld von Lieferanten annehmen und diese bei der Auftragsvergabe bevorzugen. Erst vor zwei Monaten war der frühere Einkaufsleiter des BMW-Konzerns vom Münchner Landgericht wegen Bestechlichkeit zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden. Er hatte rund 1 Million Euro Schmiergeld von fünf Zulieferern erhalten. Bei DaimlerChrysler wurde der jüngste Fall erst in dieser Woche bekannt, als der Konzern illegale Praktiken im Busgeschäft aufdeckte.

Ebenfalls in der Autobranche angesiedelt ist die Affäre um den französischen Autozulieferer Faurecia. Die Staatsanwaltschaften in Frankfurt und München ermitteln in diesem Korruptionsskandal, in dem Mitarbeiter von VW, Audi und BMW Schmiergeld erhalten haben sollen.