LESERINNENBRIEFE
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Zapfen im menschlichen Auge

■ betr.: „Gutti. Wie es wirklich war“ von Josef Winkler,Gesellschaft + Kultur vom 10. 3. 11

Die herrliche Kurzanalyse für den Marquis KT kommt gerade zur rechten Zeit für den Zapfenstreich und könnte Handlungsanleitung werden. Es wäre eine gelungene Version der Rückbesinnung auf die wahren Qualitäten trotz Geburt. Im menschlichen Auge gibt es Zapfen, die gestrichen werden könnten, um zu sehen, was es zu erkennen gibt, unabhängig von der Intelligenz.

RAINER FRENTZEL-BEYME, Bremen

Wir können Berlusconi

■ betr.: „Gutti. Wie es wirklich war“ von Josef Winkler,Gesellschaft + Kultur vom 10. 3. 11

Danke für den klugen, schönen Beitrag über Guttenberg. Ganz ohne Häme, ein Entwurf des Möglichen, Heilenden. Derweilen tobt in Berlin der Gegenentwurf: „Zapfenstreich“. Ein verlogenes Ritual für einen Verlogenen. Die können Berlusconi – schon lange! Wir wollten’s nur nicht wahrhaben. THOMAS KELLER, Frankfurt am Main

Schulen im Wettbewerb

■ betr.: „Der Kampf um die Privatschulen beginnt“, taz vom 9. 3. 11

Na und?! Sollen wir jetzt wirklich Privatschulen unterstützen, damit es einen Wettbewerb zwischen allgemeinbildenden Schulen gibt? (Auf Seite 20 – „Ja zum Wettbewerb“ – wird das Prinzip ausführlich karikiert!)

Ob der Staat Schulen finanzieren soll, auf deren Arbeit er keinerlei beziehungsweise geringen Einfluss hat, wäre immerhin zu diskutieren. Deshalb hätte ich mir von der taz einen kritischen Bericht über die Initiative „Schule in Freiheit“ gewünscht und nicht die bloße Wiedergabe der Reden im Berliner Abgeordnetenhaus!

FRANZISKA HELMS, Bremen

Immerhin geht es um Benzin

■ betr.: „E10 kommt mir nicht in den Tank“ u. a., LeserInnenbriefe, taz vom 10. 3. 11

Ich bin sehr verwundert über die Leserkommentare in der heutigen Ausgabe. Wenn beispielsweise Sabine Miehe schreibt, „Traut ihr dem erwachenden Bürger nicht zu, dass er vielleicht auch Zweifel hegt an der Umweltverträglichkeit des ‚Bio‘sprits und dass er nicht schuld sein will an noch mehr Hunger in der Welt?“, dann hinterlässt mich das mit einiger Überraschung. Immerhin geht es hier um Benzin. Zur Erinnerung, das ist das deutsche Massenprodukt, bei dem Autofahrer für einen knappen Euro Ersparnis pro Tankfüllung kilometerweit fahren. Und es geht um ihr Auto. Das deutsche Prestigeobjekt überhaupt, und die einzige Möglichkeit für viele Menschen, sich morgens im zugestauten Separee das Gefühl zu geben, dass sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln sicherlich viel unbequemer, abhängiger und bestimmt auch noch viel länger unterwegs sein würden.

Nein, wirklich, ich traue es der Mehrzahl der Bürger in diesem Land nicht zu, sich an der Tanksäule beim leidigen Blick auf die dreieinhalbstellige Zahl auf der Anzeige auch noch daran zu erinnern, dass möglicherweise andere Menschen noch mehr leiden als sie, ja dass es so etwas wie Hunger auf dieser Welt überhaupt gibt.

STEFAN BEHNEL, München

Türkheim in Baiern

■ betr.: „Wo der Islam hingehört“, Kommentar von Daniel Bax,taz vom 5. 3. 11

Zu des Herrn Innenministers Friedrichs neu bekleidetem Geschichtsbild kann man nur feststellen, dass es sicher schon deutsche Epochen gegeben hat, wo der Orient unsere Kultur wesentlich inspirieren durfte und der „West-östliche Diwan“ und „Nathan der Weise“ zur Bettlektüre gehört haben, also was anderes als die hier vorgegebene Betlektüre der Deutschtümelei. Selbst zur Blütezeit dieser epidemischen Krankheit im Kaiserreich war man weniger xenophob, was den kranken Bruder und Freund am Bosporus usw. anging.

Es gibt auch eine Prägung unserer Kultur durch die fruchtbare Auseinandersetzung mit dem Orient. Kara Ben Nemsi lässt grüßen. Der Döner heute ist da ja vielleicht nur der Anfang eines neuen Abenteuers und auch noch so hautnah. Es mag ja auch sein, dass man in Fletschenreuth in Oberfränkisch-Baiern oder in Dinkelscherben in Schwab-Baiern den täglichen Kaffee der Deutschen noch als den krankmachenden Türkentrank meidet, obwohl es durchaus auch auf den flachen Landstrichen in Baiern sogar ein Türkheim und ein Türkfelden geben soll, je nach Föhnlage sogar mit Alpenfernblick ausgestattet und mit gut integrierten Migranten dank sozioökonomisch günstiger Rahmenbedingungen. Und im regional benachbarten westwärts gelegenen ach so heimatlichen Untertürkheim sagt man vielleicht: O Du liabs Herrgöttle und Liabs Heimatland ade, wenn sich wieder ein stolzer „Mercedes mon amour“ (vgl. Film aus den 1990ern) auf seinen Weg in den Spuren der legendären Bagdadbahn befindet.

Geschichtlich beweisen kann man viel, zum Beispiel, dass unter Napoleon Baiern bis nach Südtirol ging, und dass ein anderer König im ganz fürdem ehemaligen Markomannenlande einem späteren Freistaat, einem der vier (!) in der heutigen BRD, ein Ypsilon im Namen verordnete, weil er das schick fand. So what.

So ist das mit der Geschichte, Herr Innenminister, wetterbeständig wie eine Fahnenstange im Winde. EKKEHARD SCHRÖDER, Potsam