gewalt
: Wahrheit nicht auf dem Platz

Politiker sind manchmal so einfach gestrickt wie Fußballer. Beides Vorurteile, die ab und zu bestätigt werden. Jüngstes Beispiel: Weil sich gewalttätige Fans in Ostdeutschland eine Straßenschlägerei mit Polizisten liefern, gibt der westdeutsche NRW-Polizeiminister Ingo Wolf den Hardliner. Mit einer repressiven Gangart sollen „Krawallmacher“ bundesweit bekämpft werden. Das ist undurchdacht und schlicht dämlich. Der Zusammenhang von Gewalt und Fußball ist zu kompliziert, als dass man ihn schlicht und schnell mit polizeistaatlichen Methoden auflösen könnte.

KOMMENTAR VON MARTIN TEIGELER

Rassismus, Gewalt und (zumeist männliches) delinquentes Verhalten sind ein Problem auf nordrhein-westfälischen Fußballplätzen. Das ist aber trauriger Alltag und kein neues originäres Problem dieses Sports. Fußball ist vor allem an Rhein und Ruhr traditionell die populärste Sportart. Tausende Amateur- und Jugendspiele finden an jedem Wochenende statt. Es wäre ein Zerrbild, wenn bei diesem Breitensport nicht auch gesellschaftliche Widersprüche und Konflikte zutage treten würden. Genauso wie Migranten auf Schulhöfen und in Jugendzentren rassistisch beleidigt werden, geschieht dies leider auch auf Tribünen und in Umkleidekabinen.

Dass nun der Fußball isoliert als gesellschaftliche Problemzone stigmatisiert wird, ist unpolitisch – entspricht aber leider dem Niveau der öffentlichen Debatte in der Bundesrepublik: Wenn ein Jugendlicher Amok läuft, sind Killerspiele schuld an allem Unglück. Wenn Heranwachsende nach einem Fußballspiel draufhauen, werden alle Fußballfans in Haftung genommen. Das ist Politik auf Kopfballungeheuer-Niveau. Die Wahrheit über gesellschaftliche Probleme liegt nicht auf dem Platz, die Lösung ist nicht zwischen vier Eckfahnen zu finden. Aber solang Politik in diesem Land darauf setzt, Sündenböcke und Scheinlösungen für die tiefgreifenden Probleme Ungerechtigkeit und Chancenlosigkeit zu suchen, wird sie im Fußball wohl weiterhin fündig werden.