Rap am Reiherstieg

BEATS Das Hip-Hop-Festival Spektrum präsentiert 28 Künstler auf drei Bühnen auf dem Gelände in Wilhelmsburg, auf dem demnächst auch das Dockville-Festival stattfindet. Mit dabei sind Haftbefehl und Neneh Cherry

VON JAN STAU

Es gab Zeiten, da war Hip-Hop die Musik der Außenseiter, eine Subkultur ohne Lobby und Unterstützung durch die Musikindustrie. Diese Zeiten sind vorbei. Mittlerweile ist Hip-Hop das Genre, in dem auch im deutschsprachigen Raum am meisten Geld verdient wird. Es gibt Stars wie Cro, dessen Album „Melodie“ in Deutschland, der Schweiz und Österreich auf Platz eins der Charts war. Und es gibt unzählige Tüftler, die an ihren Computern Beats basteln und auf eine Karriere im Hip-Hop hoffen. Rollenmodelle bietet der Hip-Hop genug: Die Bandbreite reicht vom Spaß-Rap eines Cro über den Gangsta-Rap bis hin zum Studenten-Rap und dem Beat-Geschraube experimentell orientierter Nerds.

Das Anliegen des Hamburger Festivals Spektrum ist es, „Hip-Hop so abzubilden, wie er heute in seiner Gesamtheit ist – undogmatisch, vielseitig, kontrastreich und mehrdimensional“, sagt Lara Goldsworthy von den Veranstaltern, der Kopf & Steine GmbH aus Altona. Auftreten werden 28 Künstler auf drei Bühnen.

Bei der Premiere des eintägigen Festivals gab es vor zwei Jahren den Grundsatz, dass keine Band besondere Aufmerksamkeit als Headliner erfahren soll. Die ganz großen Stars werden auch in diesem Jahr nicht dabei sein, aber mit dem Offenbacher Haftbefehl kommt immerhin ein Rapper, dessen Popularität so groß ist, dass es einen neuen Besucherrekord geben dürfte in diesem Jahr: Haftbefehl macht Gangsta-Rap und sorgte immer wieder für Debatten, unter anderem darüber, ob seine Texte eine antisemitische Stoßrichtung haben oder nicht.

Ebenfalls ganz oben auf den Plakaten findet sich der Name Neneh Cherry, das ist jene Künstlerin aus Schweden, die mit ihrer souligen Stimme bereits in den Neunzigerjahren große Erfolge feiern konnte. Nach 16 Jahren Pause versucht sie in diesem Jahr ihr Comeback. Als weiteres Highlight gilt der Soundteppich-Spezialist Hudson Mohawke aus Schottland.

Viel Erfahrung mit dem Spektrum-Festival haben die Jungs von den Betty Ford Boys gesammelt. Mit Dexter und Suff Daddy waren bereits zwei der drei Beat-Bauer in den vergangenen beiden Jahren vor Ort. Damit sind sie und ihre Musik so etwas wie der rote Faden des Festivals. Anscheinend haben sie keinen schlechten Eindruck hinterlassen und dürfen dieses Jahr in der gemeinsamen Kombo auftreten.

Dabei werden die Instrumental-Hip-Hopper Betty Ford Boys auch Tracks aus dem großartigen Albums „Leaders of the Brew School“ präsentieren. „Ihre Arbeit zeigt eine Offenheit, die es vor einigen Jahren so noch nicht gab“, sagt Goldworthy. „Sie verkörpern die positive Entwicklung einer Szene von Beat-Produzenten, die längst nicht mehr nach Übersee schielen muss.“

In diese Kategorie passt auch der französische Beat-Bauer Onra. In den letzten Jahren hat er sich mit seinen Beats auch über Szenegrenzen hinaus bekannt gemacht.

Bis zu 6.000 Gäste werden von den Veranstaltern erwartet – dies wäre eine erhebliche Steigerung, nachdem in den letzten beiden Jahren 2.000 und 3.000 Besucher vor Ort waren. Trotz der Steigerung der Besucherzahlen legen die Veranstalter Wert auf „eine entspannte Atmosphäre und die Tatsache, dass Anhänger aller Subgenres, die das Spektrum ausmachen, sich wohlfühlen“.

Das Festival wächst und damit auch die logistischen Herausforderungen. Um diese zu bewältigen, wurde das Gastronomieunternehmen gewechselt. In der Vergangenheit war schon mal gegen 22 Uhr das Bier aus. Solchen Kinderkrankheiten soll das Festival jetzt entwachsen sein. Die Veranstalter haben bereits mehrere ähnliche Veranstaltungen durch die Pubertät gebracht: Dazu gehören das Dockville, Lüttville und Daughterville.

Wie groß das Thema Pubertät auch beim Publikum sein wird, zeigt der Hinweis der Veranstalter, sie würden beim Einlass stichprobenartig Personalausweise überprüfen im Hinblick auf das Alter der Fans. Leute unter 18 dürfen nicht rein, es sei denn, sie können eine Teilnahmeerlaubnis ihrer Eltern vorweisen.

■ 3. Spektrum-Festival: Sa, 2. August, Reiherstieg Hauptdeich/Ecke Alte Schleuse Wilhelmsburg; Einlass: 13 Uhr, Tageskasse 35 Euro.