Dieselfahrzeuge dürfen weiter rußen

Die Politik hält dem Druck der Autolobby nicht stand. Erst schwächt die Regierung den Gesetzentwurf zur Förderung von Rußfiltern ab. Dann verschiebt die Union das Verfahren auf unbestimmte Zeit. Hintergrund: ein Brief von DaimlerChrysler

VON CHRISTIAN HONNENS

Regierungskoalition und Länder sind im Kampf für bessere Luft in Städten gleich auf zwei Ebenen eingeknickt. Die Unionsfraktion im Bundestag hat das von der Regierung geplante parlamentarische Verfahren für ein Gesetz zur Förderung von Partikelfiltern bei Dieselautos vorläufig gestoppt – obwohl sich Bund und Länder nun schon seit fast fünf Jahren darüber streiten. Dabei bleibt der aktuelle Regierungsentwurf in entscheidenden Punkten sowieso schon hinter alten Plänen zurück. Denn der Automobilkonzern DaimlerChrysler hatte bei der Regierung über die vorgesehene Regelung beklagt.

In dem Fax von DaimlerChrysler an die Bundesregierung, das der taz vorliegt, beruft sich der Stuttgarter Konzern auf ein Gespräch von Konzernchef Dieter Zetsche auf Ministerebene. Inhaltlich wendet sich der Brief gegen eine „,Strafzahlung in Form eines Malus für Pkw“, die nicht mit einem modernen Dieselpartikelfilter ausgerüstet sind. Ursprünglich sollten nämlich für Neufahrzeuge ohne Dieselpartikelfilter ab 2007 einmalig 300 Euro Zulassungssteuer zahlen müssen, weil sie Mengen an gesundheitsgefährlichem Feinstaub verursachen. Dieser Teil fehlt nun im aktuellen Regierungsentwurf.

„Es beeindruckt schon, wie schnell nach dieser persönlichen Intervention des DaimlerChrysler-Vorstandsvorsitzenden die sinnvolle Malusregelung für Dieselstinker vom Tisch war“, sagte Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe. Gegen die Interessen großer Konzerne könne und wolle die Politik offensichtlich nicht handeln.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) führen die hohen Feinstaubbelastungen in Deutschland zum vorzeitigen Tod von 75.000 Menschen pro Jahr und Atemwegserkrankungen bei mehreren Millionen Kindern. Weil die Gefahren durch Feinstaub schon seit Jahren bekannt sind, gab es schon im Jahr 2001 erste Diskussionen zwischen Bund und Ländern, um eine Förderung von Partikelfiltern für Alt- und Neufahrzeuge zu starten. Doch statt einer schnellen Lösung begann eine lange Geschichte – in der fehlende Mehrheiten im Bundesrat genauso eine Rolle spielen wie die Verzögerungstaktik der Automobilindustrie.

Im Frühjahr 2004 legte der ehemalige Bundesumweltminister Jürgen Trittin einen Entwurf zur steuerlichen Förderung vor und folgt damit dem Wunsch seiner Länderkollegen. Trotzdem kam das Gesetzgebungsverfahren nicht in Gang, weil immer wieder einzelne Finanzminister der Länder intervenierten. Zuletzt hatten sich nun Anfang November die Finanzminister von Bund und Ländern auf eine Regelung geeinigt. Der von Umweltverbänden kritisierte Entwurf ging durch die Gremien der Regierungskoalition. Weil diesem Plan nun aber die Unionsfraktion im Bundestag nicht zustimmen will, ist die Verabschiedung eines Gesetzes zur Förderung von Partikelfiltern bei Dieselautos in weite Ferne gerückt.

Und damit sei DaimlerChrysler nun am Ziel, sagt Resch. Denn der Konzern sei nicht an einer Förderung der Filter interessiert. DaimlerChrysler wolle lieber neue Fahrzeuge verkaufen, statt alte nachzurüsten.

„Das ist skandalös und peinlich für Politik und Automobilwirtschaft zugleich“, sagt auch Daniel Kluge vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Es könne nicht sein, dass sich die Industrie am Ende der unendlichen Geschichte mit ihrer Blockadepolitik durchgesetzt hat. Als Konsequenz daraus erwartet Kluge, dass sich der Dreckausstoß und die Feinstaubwerte kaum verringern werden. DaimlerChrysler lehnte gestern auf Anfrage der taz eine Stellungnahme zu dem Thema ab.

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