Bund: Wowereit kürzt den Kulturetat

Kulturstaatsminister Neumann wirft Berlin vor, seine Mittel für die Kultur senken zu wollen. Dies sei nicht akzeptabel. Wowereit unterstützt ein eigenständiges Kulturressort: Dafür sei jedoch erst eine Verfassungsänderung nötig

Führende Politiker des Bundes haben am Wochenende die Kulturpolitik Berlins und die kulturpolitischen Pläne des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) scharf kritisiert. Sowohl Kulturstaatsminister Bernd Neumann als auch Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU) warfen Wowereit Konzeptionslosigkeit und Unredlichkeit vor. Lammert bemängelte, dass Berlin die finanzielle Ausstattung der Opernstiftung von Anfang an nicht auf solide Beine gestellt habe. Die Gründung der Opernstiftung zum Erhalt der drei Opernbühnen sei „ein aussichtsloser Versuch“ gewesen, „die Strukturprobleme der Berliner Kulturpolitik zu lösen“. Das Land will bis 2009 jährlich rund 100 Millionen Euro in die Opernhäuser investieren. Der Betrag wird von Experten als viel zu niedrig angesehen.

Härter noch als Lammert ging Neumann mit Wowereit ins Gericht. Gegenüber der Nachrichtenagentur dpa sagte er, Wowereit wolle als neuer Chef der Kulturverwaltung – entgegen seinen öffentlichen Beteuerungen – den Kulturetat der Hauptstadt „mittelbar kürzen“. So sei der Regierende aus der Vereinbarung mit dem Bund „ausgestiegen“, für den Wiederaufbau des Stadtschlosses – der schätzungsweise 800 Millionen Euro kosten könnte – anteilig Geld des Landes zur Verfügung zu stellen. Außerdem habe Wowereit die zugesagten 50 Millionen Euro zur Sanierung der maroden Staatsoper Unter den Linden zurückgezogen. Neumann: „Jetzt will er überhaupt nichts mehr für die Staatsoper bezahlen. Das sind massive Kürzungen in der Kultur.“

Der Staatsminister warf dem Regierenden Bürgermeister erneut schlechten Stil vor. So wie sich der Regierende zu Fragen der Berliner Kulturpolitik und Finanzierung durch den Bund äußere, sei das „nicht akzeptabel“, sagte Neumann in einem Zeitungsinterview. Hintergrund sind Äußerungen Wowereits, der Bund müsse für die Kultur in der hochverschuldeten Hauptstadt geradestehen – sprich blechen.

Der wegen der Anbindung des Kulturressorts an die Senatskanzlei attackierte Wowereit setzte sich auf dem SPD-Parteitag am Samstag (s. Text oben) zur Wehr. Die Landesverfassung schreibe die Zahl von acht Senatorenposten vor, sagte er. Bei den Koalitionsverhandlungen habe die PDS drei Posten verlangt, was zur Folge hatte, dass es keine Möglichkeit für die Kultur als eigenständiges Senatsressort gegeben habe. Wowereit schlug vor, dass die PDS, die ein nicht eigenständiges Kulturressort kritisiert hatte, über eine Verfassungsänderung und „neun oder zehn Senatoren“ nachdenken solle.

Wie gestern bekannt wurde, soll der Direktor der Opernstiftung, Michael Schindhelm, dem Land mit Schadensersatzforderungen in seiner Kündigung gedroht haben. Schindhelm, der wegen Wowereits Kritik hingeworfen hatte, hatte die Kündigung aber vergangene Woche zurückgezogen. ROLA