Ein holperiger Neustart

LAGERKAMPF Nach der „historischen“ Einigung auf eine neue Endlagersuche sind die alten Gräben schnell wieder aufgebrochen

BERLIN taz | Mehr als ein Jahr ist vergangen, seit der damalige Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) im April 2013 einen „historischen Durchbruch“ feierte: Damals einigten sich Bund und Länder auf einen Neustart bei der Suche nach einem Endlager für hochradioaktiven Atommüll. Das „Standortauswahlgesetz“, in dem das neue Verfahren geregelt ist, wurde wenige Wochen später verabschiedet. Doch seitdem gibt es nicht nur Streit über die Zukunft des bisher erkundeten Salzstocks in Gorleben (siehe oben); auch ansonsten stockt der Prozess an vielen Stellen.

Castoren ohne Ziel: Damit am bisher vorgesehenen Endlager-Standort Gorleben keine weiteren Fakten geschaffen werden, sollen auch keine weiteren Castor-Transporte ins dortige oberirdische Zwischenlager gehen. Doch Deutschland muss bis 2016 noch 21 Behälter aus den Wiederaufbereitungsanlagen in England und fünf aus Frankreich zurücknehmen. Dafür wollte das Bundesumweltministerium eigentlich bis Ostern eine Lösung präsentieren.

Doch daraus wurde nichts: Bisher steht nur fest, dass die fünf Behälter aus Frankreich wohl zurück zum AKW Phillipsburg gehen. Beim angedachten Standort Brunsbüttel in Schleswig-Holstein gibt es rechtliche Probleme, beim Zwischenlager im hessischen Biblis stellt sich die CDU quer. Einen neuen Termin für eine Lösung nennt das Ministerium lieber nicht.

Endlager-Kommission mit Verspätung: Die Kriterien für die neue Suche nach einem Endlager soll eine Kommission mit Vertretern aus Politik, Wissenschaft und Gesellschaft festlegen, die eigentlich unmittelbar nach Verabschiedung des Gesetzes ihre Arbeit aufnehmen sollte. Durch Streit um den Vorsitz, die Wissenschaftler und die Beteiligung der Umweltverbände verzögerte sich der Start um fast ein Jahr. Mittlerweile hat die Kommission zweimal getagt – und dabei vor allem über Termine und Abstimmungsverfahren diskutiert.

Streit über die Kosten: Gesetzlich ist geregelt, dass die Betreiber der Atomkraftwerke für alle Kosten von Stilllegung, Abriss und Endlagerung aufkommen müssen. Doch angesichts der wirtschaftlichen Schwierigkeiten von Eon, RWE, EnBW und Vattenfall wachsen die Zweifel, ob die Stromkonzerne dazu in der Lage sein werden. Die Koalition will darum prüfen, wie die Rückstellungen der Konzerne dauerhaft gesichert werden können. Diese wollen das Geld aber nur rausrücken, wenn sie die Verantwortung für den Atommüll – und für mögliche Kostensteigerungen bei der Endlagerung – damit möglichst dauerhaft los sind.

MALTE KREUTZFELDT