Der anerkannte Oppositionelle

Ein Abgeordneter seiner Partei trat zurück und überließ Sam Rainsy das Mandat

Kambodscha hat seit diesem Montag wieder einen Oppositionsführer im Parlament. Der Gegenspieler des seit fast 30 Jahren amtierenden und zunehmend autoritären Ministerpräsidenten Hun Sen ist dessen langjähriger Rivale Sam Rainsy. Der 65-Jährige war zuletzt 2009 durch eine politisch motivierte Verurteilung zu elf Jahren Gefängnis ins Pariser Exil getrieben worden. Kurz vor den Parlamentswahlen am 28. Juli 2013 wurde Rainsy vom König begnadigt – zu spät, um noch zu den Parlamentswahlen kandidieren zu können.

Nach den Wahlen warf Sam Rainsys Nationale Rettungspartei (CNRP) Hun Sens Volkspartei (CPP), die ihr schlechtestes Ergebnis seit Jahren erzielte, machterhaltende Manipulationen vor, was viele Beobachter bestätigten. Die CNRP forderte vergeblich eine unabhängige Untersuchung, boykottierte seitdem das Parlament und verlegte sich auf Demonstrationen. Die wurden immer wieder gewaltsam unterdrückt.

Die vom Machtkampf ausgehende Instabilität beunruhigte zunehmend ausländische Investoren. Doch letzte Woche einigten sich Hun Sen und Sam Rainsy auf Reformen, vor allem der umstrittenen Wahlkommission, sowie auf die Einnahme ihrer Parlamentssitze der 55 gewählten CNRP-Abgeordneten. Für Parteichef Sam Rainsy, der 1993/94 schon einmal Finanzminister war, musste noch ein Mandat organisiert werden. Während er 2013 nicht kandidieren durfte, hatte er sich inzwischen als Nachrücker registrieren lassen. Am Montag wurde er von der CPP-Parlamentsmehrheit als Abgeordneter bestätigt, nachdem ein CNRP-Vertreter für ihn zurücktrat. „Ich fühle mich geehrt und glücklich, meinen Landsleuten mitzuteilen, dass Kambodschas politische Krise beendet ist“, sagte Sam Rainsy.

Das ist längst noch nicht der Fall, wenngleich der Deal sicher die Chance bietet, das einjährige Patt zu beenden. Aber wichtige Details sind ungeklärt und bergen noch viele Konflikte. Der in Frankreich ausgebildete und sich als demokratische Reformer gerierende Sam Rainsy, dessen Vater schon Regierungsmitglied war, hat gegen den jüngeren Machtmenschen Hun Sen bisher immer den Kürzeren gezogen. Zwar scheint dieser an Rückhalt zu verlieren und die aufkeimende Zivilgesellschaft Sam Rainsy zuzuneigen, doch ist offen, wie lange er wirklich Oppositionspolitik machen kann, bevor er wieder juristisch verfolgt wird.

SVEN HANSEN