Friedenspfeifen in Kiel

Nachdem zuletzt viele böse Worte gewechselt wurden, einigen sich SPD und CDU im Koalitionsausschuss über Polizei- und Naturschutzgesetz sowie den Medienstaatsvertrag. Die richtigen Zankäpfel stehen auch erst noch an

Es waren nicht die dicksten Freunde, die gestern im Gästehaus der Kieler Landesregierung zusammenkamen: Die Spitzen von CDU und SPD trafen sich spontan im Koalitionsausschuss. Zwar ging es nicht um die Verwaltungsstrukturreform, die zuletzt immer wieder für dicke Luft gesorgt hatte, aber die Koalitionäre hatten sich fast ebenso harte Brocken auf den Tisch gepackt: den Medienstaatsvertrag mit Hamburg, das Naturschutz- und das Polizeigesetz.

Den Medienstaatsvertrag hat die Hamburger Bürgerschaft zwar schon abgenickt – die Nord-SPD aber fordert Nachbesserungen. Nach der gestrigen Beratung steht fest: Ministerpräsident Peter Harry Carstensen wird im Gespräch mit Ole von Beust (beide CDU) nachverhandeln. Beim Naturschutzgesetz dagegen setzt sich die CDU durch: Die Sozialdemokraten störte unter anderem ein Satz zur besonderen Rolle von Privatleuten – die Genossen befürchten, dass Wald- oder Landbesitzer Standards unterlaufen dürfen. Der Satz blieb stehen, wurde aber abgeschwächt.

Das Polizeirecht, an dem SPD-Innenminister Ralf Stegner seit Monaten bastelt, sah viele neue Rechte für die Polizei vor, etwa bei Lauschangriffen und Videoüberwachung. Im Sommer hatte Landesdatenschützer Thilo Weichert deutliche Kritik daran geäußert, im Dezember stellte der Wissenschaftliche Dienst im Landtag gar fest, das Gesetz sei verfassungswidrig. CDU-Politiker schütteln die Köpfe über Stegners Vorgehen. Zwar lobte Carstensen seinen ungeliebten Innenminister hin und wieder für dessen „lupenreine CDU-Politik“. Aber unter den Christdemokraten machte sich Unruhe breit: Wenn das Gesetz durchfällt, schlägt das auf die ganze Regierung zurück. Gestern legte Stegner eine Neufassung vor, auf die sich beide Seiten einigten. Es ging unter anderem um Video- und Telefonüberwachung, automatische Aufzeichnung von Autokennzeichen und Rasterfahndung, offen sei noch ein Punkt bei der Schleierfahndung.

Vier Stunden wurde gestern verhandelt – fast wenig angesichts der harten Worte, die in den vergangenen Wochen gewechselt wurden. Es ging um die Verwaltungsstrukturreform und die mögliche Neuordnung der Kreise. Führende Christdemokraten würden „durch abwegige Vorschläge den Reformprozess chaotisieren“, schimpfte der Sprecher der SPD-Kommunalpolitiker, Andreas Breitner, der im März stellvertretender SPD-Vorsitzender unter Ralf Stegner werden will. Der stellvertretende CDU-Landesvorsitzende Torsten Geerdts raunzte, Breitner scheine „nicht begriffen zu haben, worum es geht“.

Dicke Luft auch zwischen Stegner und CDU-Fraktionschef Johann Wadephul: Politik sei kein „Wünsch’ dir was“, erklärte Stegner, nachdem Wadephul Sonderregelungen für Dithmarschen vorgeschlagen hatte. Der Minister „wäre gut beraten, eine Ruhepause von seinen öffentlichen Poltereien einzulegen“, feuerte Ingbert Liebing von der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU zurück.

Nicht das beste Klima, um gemeinsam Politik zu machen. Esther Geißlinger