Kreuzberger pfeifen auf Burger

Kreuzberg soll seine erste McDonald’s-Filiale bekommen – in der Nähe von drei Schulen. Viele finden das ziemlich geschmacklos und befürchten eine Zerstörung der Kiezatmosphäre. Auch die Bemühungen um ein gesundes Schulessen würden konterkariert

VON CATHERINE KIMMLE

An einer der verkehrsreichsten Verbindungsstraßen Berlins soll es entstehen: Das 60. McDonald’s-Restaurant im Großraum Berlin. In Kreuzberg dagegen wäre es das erste. Der Bau des US-Konzerns ist denn auch für viele Bewohner eine Provokation. „Kein McDonald’s in Kreuzberg“ ist auf mehreren Häuserwänden zu lesen. Dabei ist die Baugenehmigung bereits erteilt und die alte Kindertagesstätte auf dem Gelände wurde schon vor Wochen abgerissen.

Mitte August soll das Restaurant mit rund 100 Innensitzplätzen an der Skalitzer/Wrangelstraße eröffnet werden. Geplant sind 35 Arbeitsplätze in Voll- und Teilzeit. Weiterhin sollen fortlaufend drei Jugendliche die Chance auf einen Ausbildungsplatz erhalten. Am Kottbusser Tor wollte man bereits vor Jahren bauen. Dies konnten die Bewohner jedoch mit Protesten verhindern.

Im Wrangelkiez, in dem etwa 12.500 Menschen verschiedenster Nationalitäten und aus allen Regionen der Bundesrepublik leben, hat sich letzte Woche aus den Protesten heraus eine BürgerInneninitiative gebildet. Über 100 AnwohnerInnen, SchülerInnen, Kiezinitiativen und andere politische Aktive fanden sich beim ersten Treffen zusammen. „Weder der Ansatz der kulturellen und gastronomischen weltweiten Gleichschaltung, für den McDonald’s mit seiner agressiven Expansionsstrategie steht, noch die Produktions- und Arbeitsbedingungen der Kette sind für uns akzeptabel“, so Boris Jarosch, Politologe und Mitglied der Initiative. „Durch eine Kette, die mittels Rationalisierungen Kampfpreise anbieten kann, werden viele kleine Gewerbetreibende und eine gewachsene Struktur in Kreuzberg gefährdet“, so Jarosch weiter. Nachdem das Grundstück 2002 durch das Unternehmen erworben wurde, gab es bereits zahlreiche Versuche, den Bau zu verhindern. Sie alle blieben jedoch erfolglos.

Auch der Bundestags-Wahlkreisabgeordnete der Grünen aus Friedrichshain-Kreuzberg, Hans-Christian Ströbele, wendet sich gegen die geplante Filiale: „Ob rechtlich noch was zu machen ist, sei dahingestellt, aber auch ich unterstütze die Gegenbewegung. Ein McDonald’s in Kreuzberg wäre ein kontraproduktives Zeichen. Gerade in Bezug auf die gegenwärtige Ernährungsdebatte.“ Drei Schulen befinden sich in direkter Nähe. Anstatt einer ausgewogenen Ernährung würde hier vor allem der Fast-Food-Konsum von Kindern und Jugendlichen gefördert. „Ich kenne das ja aus meiner Schulzeit. Da geht man am liebsten schnell mal zum Imbiss an die nächste Ecke“, so Ströbele weiter.

Dabei hätten laut Aussage von McDonald’s die anliegenden Schulen keinen Ausschlag für diesen Bauplatz gegeben. „Wir hätten auch einem Alternativstandort den Zuschlag gegeben“, entgegnete der stellvertretende Unternehmenssprecher von Mc Donald’s, Matthias Mehlen, auf Anfrage der taz. Aber hier verlaufe eine der wesentlichen Verkehrsadern von Kreuzberg. „Wir haben hier ein großes Einzugsgebiet und wollen zu einer Belebung des Umfelds beitragen.“

Die Initiative dagegen ist der Meinung, dass die Bemühungen Berlins um ein gesundes und vollwertiges Schulessen mit einem solchen Fast-Food-Restaurant konterkariert würden. „Unsere Kinder müssen geschützt werden.“ Morgen Abend trifft sich die BürgerInneninitiative wieder in der Falckensteinstraße 6. „Wir versuchen den Bau zu verhindern, solange die Rechtslage noch uneindeutig ist“, sagt Sarah Miller, Gründerin der Initiative. „Aber auch danach wissen wir uns zu wehren. Mit einer solchen Filiale würde es hier zu Heiligendamm.“