Kampf dem Schokoriegel

Kabinett billigt Aktionsplan „Fit statt fett“, der den Trend zur Dickleibigkeit stoppen soll

BERLIN taz/afp/dpa ■ Es war ein Tag der vielen schönen Worte. Wie erwartet billigte gestern das Kabinett den Fünfpunkteplan „Fit statt Fett“, mit dem Verbraucherminister Horst Seehofer (CSU) seinen Landsleuten den Weg zum Normalgewicht ebnen will. Nach Angaben des Ministeriums sind 37 Millionen Erwachsene und zwei Millionen Kinder in Deutschland zu dick.

Die Grundzüge des Plans waren vorab bekannt. Gestern aber konkretisierten Seehofer und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), wie sie sich einen körperbewussten Alltag vorstellen: Den Menschen müssten nahe ihrer Wohnung „abwechslungsreiche Spielplätze, reizvolle Fuß- und Fahrradwege und attraktive Parks“ angeboten werden. Kantinen sollen „ausgewogene Kost“ reichen. Auch soll es leichter werden, Fitnessnahrung von fettiger Kost zu unterscheiden: Lebensmittel sollten so gekennzeichnet sein, dass sie dem Informationsbedürfnis „in verständlicher Form Rechnung tragen und vor Irreführung schützen“. Auch betont das Papier, wie wichtig Eltern als Vorbilder sind – und dass auch Schulen eine wichtige Rolle zukommt.

Die Krux: Neue Vorschriften oder Verbote sieht der Plan nicht vor. Und genau daran entzündet sich der Protest. Selbst Schmidt räumt ein, dass man mit Kampagnen vor allem die Menschen erreicht, die ohnehin gesundheitsbewusst sind. Dass sich allein mit Appellen der Trend zum Dicksein stoppen lässt, bezweifelte gestern nicht nur die FPD, die den Mangel an „neuen Ansätzen“ kritisierte.

Auch die Äußerungen der Lebensmittelbranche lassen nicht vermuten, dass sich ohne Druck von oben die Lage ändert. „Warum soll die Industrie schuld sein, wenn jemand zu viel isst?“, sagte gestern Jürgen Abraham vom Bundesverband der Deutschen Ernährungsindustrie. Jeder sei selbst für seine Ernährung verantwortlich. Energisch verwehrt sich sein Verband gegen ein „Ampel-Prinzip“, wie es derzeit in Großbritannien erprobt wird: Dort informieren rote, gelbe und grüne Punkte den Kunden, ob er eine fettiges oder überzuckertes oder ein gesundes Produkt kauft. Diskutiert wird hierzulande auch, ob nicht – wie in Schweden längst üblich – die Werbung für Schokoriegel und Co. in Kindersendungen eingeschränkt werden muss.

Zu solchen dirigistischen Schritte mochten sich weder Seehofer noch Schmidt bekennen. Mit einer konkreten Idee wartete Schmidt lediglich in einem Punkt auf, den sie nicht selbst zu verantworten hat: Sie würde es begrüßen, wenn es an den Schulen ein Pflichtfach Ernährung gebe, sagte sie im ZDF-Morgenmagazin. Doch das liegt in der Zuständigkeit der Länder. Auch Seehofer mied gestern sorgsam den Eindruck, er wolle den Deutschen jegliche Gaumenfreuden verleiden. „Eine bayerische Schweinshaxe zwischendurch ist auch für das persönliche Wohlbefinden was Positives“, sagte er.

COSIMA SCHMITT