„Dafür müssen Gräben gezogen werden“

NACHHOLBEDARF 30 Prozent aller Gebäude in Niedersachsen sind unterversorgt, sagt Peer Beyersdorff, Geschäftsführer des Breitband Kompetenz Zentrums Niedersachsen. Wie er das ändern will, verrät er im taz-Interview

■ 47, ist Diplom-Ökonom. Seit 2006 Geschäftsführer des Netz-Zentrums für innovative Technologie Osterholz und seit 2008 Geschäftsführer des Breitband Kompetenz Zentrums Niedersachsen.

taz: Herr Beyersdorff, angesichts der Möglichkeit, das Internet über die Mobilfunknetze zu übertragen, kann die Anbindung entlegener Regionen doch heute kein großes Problem mehr sein, oder?

Peer Beyersdorff: Man muss zwischen zweierlei Breitbandversorgung unterscheiden. Das eine ist die Festnetzerschließung, das klassische DSL, das andere ist die Mobilfunkversorgung, da fällt das Stichwort LTE. In beiden Bereichen gibt es in Niedersachsen Lücken, so wie in jedem Flächenland. Wir sorgen dafür, dass sich diese Lücken schließen.

Übernehmen das die Mobilfunkkonzerne nicht alleine, schon aus wirtschaftlichem Interesse?

Der Ausbau der Mobilfunkversorgung funktioniert dabei tatsächlich über den Markt. Für die drei großen Betreiber, die nach der jüngsten Fusion übrig geblieben sind, lohnt es sich tatsächlich, aufgrund des zunehmenden Kundenpotenzials, die Sendemasten für die LTE-Erschließung im ländlichen Raum aufzubauen. Das funktioniert auch ohne Förderung.

Und bei der Festnetzerschließung?

Auf der Festnetzseite, die eine wesentlich höhere Bandbreite liefert als die Mobilfunkversorgung, gibt es Nachholbedarf. Da fehlt in 700.000 bis 750.000 Gebäuden in Niedersachsen der sogenannte NGA-Anschluss. Das sind knapp 30 Prozent aller Gebäude im Bundesland. NGA steht für Next Generation Access und bietet Bandbreiten von mindestens 30 Mbit pro Sekunde und mehr.

Wozu braucht man so hohe Geschwindigkeiten?

Schon wenn sie Fernsehen über das Internet gucken wollen, brauchen Sie mindestens 16 Mbit pro Sekunde. Für viele Wirtschaftsunternehmen ist eine schnelle Internetverbindung notwendig. Die aktuellen Entwicklungen in der IT finden zunehmend in der Cloud statt. Das bedeutet, dass ganze Programme im Netz bereitgestellt werden und nicht mehr auf dem heimischen PC gespeichert sind. Dafür ist ein symmetrischer Internetzugang notwendig, dessen Download und Upload gleich schnell ist. Der Entwicklungstrend geht dahin, dass Programme verstärkt nur noch auf diesem Weg angeboten werden.

Und wer ist dafür zuständig, die notwendigen Kabel zu verlegen?

Das hängt von der bereits vorhandenen Infrastruktur ab und davon, wie weit diese Orte von dem nächsten verfügbaren Glasfaserkabel entfernt liegen. 70 Prozent der Investitionen, die für einen Anschluss notwendig wären, hängen mit dem Tiefbau zusammen. Dafür müssen Gräben gezogen werden, von der letzten Anschlussmöglichkeit an die Backbone-Leitung bis in die unterversorgten Regionen. Da kommen riesige Summen an Investitionskosten zusammen, die sich in einigen Regionen für die privaten Anbieter schlichtweg nicht rentieren. Und genau da setzen wir an.

Und wie?

Wir helfen den Kommunen und Landkreisen mit Fördermitteln, da wo der Markt keine Lösung bietet, weil die Entfernung und damit die notwendige Trassenlänge zu weit ist und diesen hohen Investitionen zu wenig Kunden gegenüberstehen. Die Landesregierung hat gerade eine neue Breitbandstrategie verabschiedet. Der Politikwechsel besteht darin, dass jetzt die Landkreise und Kommunen unterstützt werden, eigene Leerrohrnetze zu bauen, um diese an die Provider zu verpachten.

INTERVIEW: ALEXANDER KOHLMANN