Warschau pfeift Diplomaten zurück

Die polnischen Botschafter in Österreich, China und Kuwait sowie acht Militärattachés sollen ihre Posten räumen. Laut einem Bericht sollen sie mit dem früheren Militärgeheimdienst WSI zusammengearbeitet haben. Die Beweise dafür sind dürftig

AUS WARSCHAU GABRIELE LESSER

Spione, Agenten, Spitzel – seit Wochen scheint es in Polen nur so zu wimmeln von düsteren Gestalten. Nun schwappt die Säuberungswelle der nationalkonservativ-populistischen Regierung auch ins Ausland. Erfasst wurden davon zunächst drei Botschafter, darunter Marek Jędrys in Österreich, Kazimierz Romański in Kuwait, Stanisław Szumski in China sowie acht Militärattachés. Anna Fotyga, Polens Außenministerin, soll bereits Präsident Lech Kaczyński gebeten haben, einige der Exagenten unverzüglich von ihren Posten nach Warschau zurückzurufen.

Die elf Diplomaten sollen mit dem aufgelösten Militärgeheimdienst WSI zusammengearbeitet haben. Dies steht im umstrittenen Geheimdienstbericht, den der rechtsradikale Politiker Antoni Macierewicz im Auftrag des Staatschefs ausarbeitete und am Freitag der Öffentlichkeit vorstellte. Angeblich sollen kommunistische WSI-Agenten bis heute Polens junge Demokratie infiltriert und gesteuert haben.

Die Vorwürfe, die Macierewicz im Bericht gegen die Diplomaten erhebt, klingen nicht gerade nach Vaterlandsverrat oder Spionage. Romański, Botschafter in Kuwait, soll 1983 am Moskauer Institut für internationale Beziehungen studiert haben. Sein militärischer Dienstgrad sei der eines Oberst. Was daran „Verrat“ sein soll, wird nicht erklärt.

Jędrys und Szumski, Botschafter in Österreich und China, sollen auf der ehemaligen WSI-Mitarbeiterliste stehen und sich angeblich an dessen illegalen Machenschaften beteiligt haben. Jędrys habe „geholfen, diplomatische Posten mit Personen zu besetzen, die das WSI zuvor benannt hatte“. Szumski wiederum habe in den 70er- und 80er-Jahren in den USA die dortige polnische Minderheit ausspioniert. Ob sie am von der Staatsanwaltschaft verfolgten Waffen- und Alkoholschmuggel des WSI in den 90er-Jahren beteiligt waren, wird nicht ausgeführt. Auch der Verrat von Nato-Geheimnissen wird ihnen nicht vorgeworfen.

Mittlerweile wird der Bericht von allen Seiten scharf kritisiert. Für Lech Wałęsa, einstiger Arbeiterheld der Solidarność, ist Präsident Kaczyński ein „Idiot“. Dafür handelte er sich eine Anzeige wegen Beleidigung des Staatsoberhauptes ein. „Kein Wort nehme ich zurück“, grollte er in Danzig.

Tatsächlich greift der Bericht vor allem diejenigen Dissidenten im kommunistischen Polen an, die von der heute regierenden Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) seit langem kritisiert werden – ohne dabei Verbindungen zum WSI nachzuweisen. So wurden die Namen zweier WSI-Mitarbeiter aus dem Bericht gestrichen, die der PiS nahe stehen. Bei einer der Personen handelt sich nach Informationen der Zeitung Dziennik um einen Journalisten, der durch die Unterstützung der PiS vor kurzem Leiter einer öffentlichen Fernseh- oder Rundfunkanstalt wurde.

Opposition wie Koalitionspartner der PiS fordern die Entlassung des Vizeverteidigungsministers Macierewicz. Premier Jarosław Kaczyński aber sieht in der Kritik an dem WSI-Bericht nur, dass Polen noch kein „normaler demokratischer Staat“ sei.