Fleischskandal und kein Ende

2005 hatte ein schwäbischer Fleisch- und Kühlhausbetrieb 15 Tonnen verdorbenes Fleisch nach Nordrhein-Westfalen geliefert. Jetzt verliert er die EU-Zulassung

ILLERTISSEN taz ■ Die Meldung kam in der vergangenen Woche über das EU-Schnellwarnsystem für Lebens- und Futtermittel: In Frankreich war ein Lastwagen eines schwäbischen Fleisch- und Kühlhausbetriebs aus Illertissen mit verdorbenem Fleisch gestoppt worden. Die bayerischen Behörden waren vorbereitet. Sie hatten zu diesem Zeitpunkt bereits ein Verfahren zum Entzug der EU-Zulassung gegen die Firma eingeleitet. Dabei war ihnen nicht einmal bekannt, dass sie auch in Deutschland mit verdorbenem Fleisch gehandelt hatte. Vor anderthalb Jahren hatte sie 15 Tonnen nach Nordrhein-Westfalen geliefert.

Im November waren Zollfahnder den zwielichtigen Geschäften auf die Schliche gekommen. Sie stellten fest, dass der Betrieb Fleisch für Russland umdeklarierte. „Da haben wir der Firma mitgeteilt, dass wir ihr die EU-Zulassung entziehen wollen“, sagt Josef Gediga, Vizepräsident der Regierung von Schwaben.

Nicht nur bei Lieferungen nach Frankreich, Russland, Serbien und in die Niederlande hatte es die Illertisser Firma an der nötigen Sorgfalt fehlen lassen. Wie Frank Schäfer, Veterinär des Rhein-Kreises Neuss, bestätigt, hatte sie auch verdorbenes Fleisch nach Nordrhein-Westfalen geliefert. Am 7. Juni 2005 fiel bei Kontrollen eine Ladung Schweineköpfe auf. Beim größten Teil der Lieferung hatte bereits der Fäulnisprozess eingesetzt, sagt der Amtstierarzt. Der Großteil der Lieferung, 15.329 Kilogramm, mussten vollständig vernichtet werden.

Das Landratsamt forderte die Firma in Illertissen in einem Brief auf: „Sorgen Sie für Aufklärung in diesem Falle, um eine Wiederholung auszuschließen. Wir werden zukünftige Anlieferungen aus Ihrem Betrieb unter besondere Eingangskontrolle stellen.“ Warum die Behörde das Schreiben allerdings nur an die Lieferfirma schickte und nicht auch die bayerischen Veterinärbehörden verständigte, konnte niemand erklären. Weder die ermittelnde Staatsanwaltschaft in Memmingen noch die Regierung von Schwaben, noch das bayerische Umweltministerium wusste von den Funden in Nordrhein-Westfalen.

In Memmingen hatte bis Mitte Dezember ein langer Prozess gegen den Exgeschäftsführer einer Tochterfirma, der inzwischen insolventen Deggendorfer Frost GmbH, stattgefunden. Das noch nicht rechtskräftige Urteil lautet auf vier Jahre, drei Monate. Dem Mutterbetrieb konnte nach Ansicht der Staatsanwaltschaft nichts Strafbares nachgewiesen werden.

Trotzdem gab es laut einem Sprecher der Bezirksregierung in den vergangenen zwei Jahren ständig Kontrollen und „immer wieder Verstöße und Beanstandungen“. Mehrmals habe die „Spezialeinheit Lebensmittelsicherheit“ ausrücken müssen. Gegen den Entzug der EU-Zulassung hat der Kühlhausbetrieb jedoch Widerspruch eingelegt. Eine Stellungnahme will dort niemand abgeben.

Der Großteil der Proben, die bei der letzten Kontrolle in Illertissen entnommen wurden, sind inzwischen getestet – und für genussuntauglich befunden worden. Das Fleisch kommt aus dem gleichen Bestand wie das von den französischen Behörden sichergestellte. Es war von den Schwaben von Italien nach Frankreich geschafft worden.

KLAUS WITTMANN