EU-Beihilfen sollen öffentlich werden

Transparenz-Initiative fordert die Bundesregierung auf, nicht länger mit der Veröffentlichung der Empfänger von Agrar-Subventionen zu warten. Das sei notwendig, um die Zukunftspläne der EU für die Landwirtschaft besser beurteilen zu können

VON CHRISTIAN HONNENS

Die europäischen Steuerzahler finanzieren die deutsche Agrarwirtschaft jährlich mit über sechs Milliarden Euro. Besonders multinationale Konzerne gehören zu den großen Profiteuren der Subventionen – ohne sich dafür an umwelt- und sozialverträgliche Standards halten zu müssen, kritisierte die Initiative für Transparenz bei EU-Agrarsubventionen gestern auf der Grünen Woche in Berlin.

„Während die Gewinne der großen Konzerne steigen, werden Millionen von Kleinbauern weltweit durch Exportdumping in die Armut abgedrängt“, sagte Marita Wiggerthale von der Entwicklungsorganisation Oxfam. Daher fordert die Organisation gemeinsam mit BUND, Greenpeace und der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU), ab sofort die Subventionsempfänger offen zu legen.

Bisher können landwirtschaftliche Großkonzerne wie etwa Südzucker einer Veröffentlichung widersprechen. Aber nach Recherchen von Oxfam hat der Zuckerhersteller samt Tochterfirmen zwischen 2002 und 2005 jährlich etwa 90 Millionen Euro erhalten. Damit solche Zahlen demnächst auch von allen anderen Konzernen bekannt werden, schreibt die EU eine Veröffentlichung vor – allerdings erst für das Jahr 2009.

Die Verbände vermuten eine perfide Taktik hinter diesem Zeitplan: 2009 soll die künftige Agrarpolitik der EU längst ausdiskutiert und langfristig festgezurrt sein. Änderungen aufgrund einer Analyse der veröffentlichten Zahlen wären kaum noch möglich. Die Initiative fordert daher, dem Beispiel von etwa den Niederlanden oder Dänemark zu folgen und ab sofort die Zahlen zu veröffentlichen.

„Den Subventionen fehlt schon heute jede gesellschaftliche Legitimation“, sagt Reinhild Bennig vom BUND. Beispiel: Der „Familienclan Rethmann“ besitze neben dem größten Entsorgungskonzern Deutschlands auch über 7.000 Hektar Land in Ostdeutschland. Für so eine Fläche zahle die EU rund drei Millionen Euro jährlich aus dem Agrarbudget. „Wir können nicht hinnehmen, dass unsere Steuergelder Milliardäre reicher machen, statt gezielt Umwelt- und Tierschutz zu fördern“, sagte die Agrarexpertin.

Die Verbände fordern, die Vergabe der Steuergelder an Leistungen der Betriebe zu binden. „Angesichts der gewaltigen Umweltprobleme durch Klimawandel, Artensterben und Bedrohung der letzten Urwälder können wir es uns nicht leisten, die Agrargelder blind zu verteilen“, sagt Martin Hofstetter von Greenpeace.

Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) spricht sich gegen die ungleiche Verteilung der EU-Subventionen aus. „Bisher kommen sie den Betrieben zugute, die mit möglichst wenig Menschen möglichst viel Fläche bewirtschafteten“, so Ulrich Jasper von der AbL. Da dies aber kaum bekannt sei, werde der Mehrzahl der Bauern ein schlechtes Gewissen eingeredet, während einige wenige alles daransetzten, die bisherige Verteilung zu verteidigen.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium erklärte auf taz-Anfrage, dass man trotz der Einwände nicht plane, eine Veröffentlichungspflicht vor 2009 in Deutsches Recht umzusetzen. Um eine Neiddebatte zu verhindern, wolle man bis dahin an einer EU-weiten Regelung arbeiten.