Hochtief-Berater spendete an SPD

■  WIB-Chef Herbert Märtin, dessen Firma bei der geplanten Flughafenprivatisierung eine Schlüsselrolle spielte, überwies 1998 insgesamt 23.000 Mark an die Sozialdemokraten

Herbert Märtin gehört zu den illustren Gestalten in der Berliner SPD, eine Figur wie geschaffen für einen Tatort-Krimi. Der 50-jährige Ingenieur gilt als charmant und eloquent, gar charismatisch, aber auch als kalt und berechnend.

Seine Firma, die Wirtschafts- und Ingenieurberatungs GmbH (WIB), spielte eine Schlüsselrolle bei der geplanten Privatisierung des Flughafens Schönefeld. 1998 spendete die WIB insgesamt 23.000 Mark an die SPD – ausgerechnet in dem Jahr, in dem die Entscheidung darüber fiel, mit welchen beiden Konsortien die Schlussverhandlungen für den lukrativen Flughafenausbau geführt werden.

Die 23.000 Mark sind in dem noch unveröffentlichten Parteispendenbericht 1998 aufgeführt, der der taz in Auszügen vorliegt. Das Geld floss, wie SPD-Kassenleiter Jürgen Kopschinski bestätigte, an die vier Kreisverbände Treptow, Weißensee, Neukölln und Steglitz. „Das waren Beträge zwischen 4.000 und 8.000 Mark“, erklärte Kopschinski gegenüber der taz. Den höchsten Betrag von 8.000 Mark habe der Kreisverband Steglitz erhalten.

Auf Nachfrage erklärte Märtin gestern, er habe in den vergangenen Jahren „nicht nur an die SPD, sondern an demokratische Parteien gespendet“. Er habe „nichts zu verbergen“. Auf die Frage, ob er die Summe eigens in kleinere Beträge gesplittet habe, damit sie im Parteispendenbericht nicht auftauchen, gab er sich zugeknöpft. „Ich beteilige mich nicht an Spekulationen.“ Im Parteispendenbericht werden nur Beträge ab 20.000 Mark aufgeführt.

Hat Märtin wirklich nichts zu verbergen? Seit Sommer 1999 ermittelt die Staatsanwaltschaft Berlin wegen Betrugsverdacht gegen den Bauingenieur. Er soll im Auftrag einer Tochter der Flughafen-Holding BBF Angebote ausgewertet und gleichzeitig einen Beratervertrag mit Hochtief gehabt haben. Ob Hochtief das Insiderwissen Märtins zu seinem Vorteil genutzt hat, ist derzeit noch Gegenstand der Ermittlungen.

Als das Hochtief-Konsortium im Frühjahr den Zuschlag für den Ausbau des Flughafens erhielt, hatte auch Märtin den ganz großen Auftrag an Land gezogen. Seine Firma sollte für Hochtief die Generalplanung des Planfeststellungsverfahrens übernehmen – ein Auftrag im Wert von schätzungsweise 15 Millionen Mark. Doch dann kam der tiefe Fall. Anfang August erklärte ein Gericht die Vergabe an das Hochtief-Konsortium wegen mehrerer Verfahrensfehler für nichtig.

Anhaltspunkte dafür, dass Märtin nicht selbst der Spender war, sondern den Betrag nur als Strohmann weiterleitete, liegen nicht vor.

Doch was hatte sich Märtin 1998 davon erhofft, an die SPD zu spenden? Im SPD-Kreisverband Treptow ist der Ausbau des Flughafens umstritten. Die Genossen aus dem Ortsverein Bohnsdorf sind als unmittelbare Anrainer des Flughafens gegen den Ausbau. Doch sie wurden im Kreisvorstand, der sich von der Ansiedlung Wirtschaftsimpulse erhofft, überstimmt.

Die Kreisverbände Neukölln und Steglitz könnten bedacht worden sein, weil ihre Kreisvorsitzenden zur SPD-Führung gehören. Der Kreisvorsitzende von Steglitz ist SPD-Fraktionschef Klaus Böger. Der Neuköllner Kreischef ist Finanzstaatssekretär Frank Bielka. Böger wollte sich gestern nicht zu dem Vorgang äußern.

Außerdem überwies Märtin der SPD-Weißensee 5.000 Mark für ihren Bundestagswahlkampf 1998. Das Geld wurde für den Wahlkampf des SPD-Direktkandidaten Ralf Hillenberg verwendet. Der 43-Jährige Bauingenieur erklärte gestern: „Ich kenne Märtin persönlich nicht. Er hat mich auch nie kontaktiert.“ Der Betrag sei am 10. September 1998 auf einem SPD-Kreiskonto eingegangen. Hillenberg kann sich auch nicht erklären, was für ein Interesse Märtin daran gehabt haben könnte, für seinen Wahlkampf zu spenden.

Dorothee Winden