Misswirtschaft mit Folgen

Zahlreiche Projekte des Baukonzerns Holzmann stecken tief im Filz. Wenn die Verträge nicht geändert werden, zahlen die Steuerzahler die Sanierung  ■   Aus Köln Werner Rügemer

Der kriselnde Baukonzern Phiipp Holzmann AG hat mit seinem Rückzug begonnen. Strikt nach dem Sanierungskonzept der Unternehmensberatung Roland Berger, das beim Treffen der Bankenvertreter mit Bundeskanzler Gerhard Schröder den Ausschlag gegeben hatte: Das „Kerngeschäft“, also der Bau von Brücken, Hochhäusern, Kraftwerken, Flughäfen, ist sanierungsfähig, nicht aber der Bereich Immobilienaktivitäten, in dem die Unregelmäßigkeiten und „schlechten Geschäfte“ passiert sind. Zu Wochenanfang ist Holzmann deswegen als Erstes aus dem Pachtvertrag für die so genannte Köln-Arena ausgestiegen.

Die Übernahme privatisierter öffentlicher Aufgaben, vor allem in den Kommunen, sollte lange zweites Standbein des Unternehmens werden. So trat Holzmann bei der Köln-Arena nicht nur als Generalunternehmer auf, sondern gründete auch eine Betreibergesellschaft, die Arena Management GmbH. Als privater Finanzier und Bauherr präsentierte sich der Esch-Immobilien-Fonds, ein Tochterunternehmen des Kölner Bankhauses Oppenheim.

Die Arena Management pachtete nach der Fertigstellung die Veranstaltungshalle für 35 Millionen Mark jährlich auf 20 Jahre. Das bedeutete eine Verpflichtung von 700 Millionen Mark. Wie sich jetzt beim Beinahe-Konkurs herausstellte, macht die Holzmann-Tochter aber jährlich zehn Millionen Mark Verlust, selbst wenn die 18.000 Plätze komplett besetzt sind. Der Esch-Fonds als Vermieter gründete daraufhin sofort eine neue Betreibergesellschaft und reduzierte, offensichtlich ohne Probleme, die Miete auf 25 Millionen Mark, Holzmann kaufte sich gegen eine Abstandszahlung „im höheren zweistelligen Bereich“ aus dem Vertrag heraus.

Damit scheint die mit der Köln-Arena verbundene Misswirtschaft beseitigt. Doch die „Miet- und Ergebnisgarantie“ des Projekts ist umfangreicher, ebenso der Kreis der an der Misswirtschaft Beteiligten. 1995 hatte der Kölner Rat beschlossen, dem Esch-Fonds ein Grundstück zu verkaufen, für zehn Millionen unter Marktwert. Dafür versprach der Fonds, dort nicht nur die Köln-Arena, sondern auch ein neues Rathaus zu bauen. Oberstadtdirektor Lothar Ruschmeier (SPD) hatte den Beschluss eingefädelt. Er ließ sich dafür feiern, dass Köln die „modernste Mehrzweckhalle der Welt“ und ein neues Rathaus bekam, ohne selbst eine einzige Mark zu investieren.

Der Fonds brachte die Bausumme von 900 Millionen Mark auf – 300 für die Arena, 600 für das Rathaus. 77 Anleger zahlten im Durchschnitt jeweils 15 Millionen Mark ein und wurden damit Kommanditisten des geschlossenen Immobilienfonds. Sie erwarteten dafür bis 2028 eine jährliche Vier-Prozent-Ausschüttung und steuersparende Verlustzuweisungen. Das ist aber nur möglich, weil die Stadt die „Miet- und Ergebnisgarantie“ für das Rathaus selbst übernahm. Ruschmeier unterschrieb einen Mietvertrag für 30 Jahre, die überhöhte Mietzahlung an den Fonds summiert sich in der Laufzeit auf 990 Millionen Mark.

Den Vertrag bezeichnete der neu gewählte Oberbürgermeister Jacob Blum (CDU), selbst Inhaber einer Immobilienfirma, als „vermieterfreundlichsten Vertrag in ganz Köln“ – alle Reparaturen zahlt die Stadt. Außerdem erweist sich das Rathaus als zu groß, städtische Gebäude stehen leer. Holzmann und der Fonds haben sich hochgeschaukelt und aus Eigeninteresse am Bedarf vorbeigebaut.

Nach Meinung von Beobachtern muss und kann der Vertrag geändert werden, weil er auf sittenwidrige Weise zu Stande kam: Oberstadtdirektor Ruschmeier wurde nach seinem Ausscheiden übergangslos Geschäftsführer des Fonds, mit dem er vorher den Mietvertrag geschlossen hatte. Freilich hat die Ratsmehrheit Hemmungen, den Vertrag zu ändern. Wie sich herausstellte, gehören zu den Fonds-Kommanditisten einflussreiche Leute: Verleger Neven DuMont und Bankier von Oppenheim, der Industrielle Otto Wolff von Amerongen. Die Verfechter der freien Marktwirtschaft wollen auf die staatliche „Miet- und Ergebnisgarantie“ nicht verzichten. Trotzdem wollen einige Initiativen und Kölner Abgeordnete die Subventionierung des privaten Fonds aus städtischen Haushaltsmitteln der EU-Wettbewerbskommission vorlegen und auf Neuverhandlungen drängen.