„Milosevic will Makedonien destabilisieren“

■ Arben Xhaferi, Vorsitzender der „Demokratischen Partei der Albaner“ (PDSH) in Makedonien, ist froh über die Anwesenheit westlicher Vertreter in seinem Land und hofft auf weiteres Engagement

Xhaferi tritt für einen Interessensausgleich der slawischen (60 Prozent) und der albanischen (30 Prozent) Bevölkerung Makedoniens ein. Seine PDSH bildet zusammen mit zwei slawischen Parteien die Regierung: der „Demokratischen Partei für die Makedonische Nationale Einheit“ und der „Demokratischen Alternative“. Mit der Vertreibung von mehreren hunderttausend Albanern aus dem Kosovo nach Makedonien wird die Regierungskoalition auf eine harte Probe gestellt.

taz: Welche innenpolitischen Folgen hat die Fluchtwelle aus dem Kosovo in Makedonien?

Arben Xhaferi: Slobodan Miloevic versucht nicht nur, Makedonien durch seine Geheimdienste und die Propaganda des serbischen Privatsenders Kiss zu destabilisieren. Er setzt auch die Deportierten als eine Art Geheimwaffe ein. Die Zuwanderung einer so großen Zahl von Albanern hat bei den slawischen Makedoniern Unruhe hervorgerufen.

Wie drückt sich die Unruhe aus?

Es werden vorhandene pro-serbische Gefühle mobilisiert und gegen die Albaner gewendet. Man produziert eine ethnische Distanz, eine Stimmung der Intoleranz und reagiert mit Paranoia auf die deportierten Albaner, als wollten die sich nun hier in Makedonien festsetzen. Dabei wollen die Kosovo-Albaner ja nichts lieber als in das Kosovo zurückgehen. Wir sollten also alle hier in Makedonien darauf hinarbeiten, daß die Rückkehr bald ermöglicht wird. Die Nato will die Vertreibungen nicht hinnehmen. Bei den slawischen Makedoniern ist aber die Meinung verbreitet, die Nato-Truppen seien Invasoren. Das ist natürlich ein Widerspruch. Will man die Rückkehr der Albaner in das Kosovo, muß man mit der Nato zusammenarbeiten.

Wir Albaner versuchen Ruhe zu bewahren und mäßigend auf die innenpolitische Situation einzuwirken. Unsere Partei hofft, daß die Angebote der Nato, das Land als Mitglied aufzunehmen, von der Regierung akzeptiert werden, denn dies öffnet große Chancen für unser Land. Wir wollen Makedonien in die Europäische Union führen. Da liegt die Zukuft des Landes, dieser Weg bedeutet eine Stabilisierung der Verhältnisse, einen Abbau der ethnischen Distanz, die Etablierung einer wirklichen Demokratie.

Besitzt Makedonien denn jetzt keine Demokratie?

Der makedonische Sicherheitsrat hat starke Einschränkungen für die Albaner verfügt. Die Kosovo-Albaner dürfen sich hier nicht politisch betätigen, die Redaktion der kosovoa-albanischen Koha Ditore hat bisher noch keine Genehmigung erhalten, ihre Zeitung in Makedonien wieder herauszubringen. Man hat wie in allen postkommunistischen Staaten zwar eine demokratische Fassade aufgebaut, wenn es aber in der Substanz darum geht, demokratische Rechte zu verwirklichen, dann gibt es Schwierigkeiten. Ich hoffe, daß der Westen Druck ausübt, um demokratische Standards durchzusetzen. Wir Albaner sind froh, daß der Westen hier im Lande präsent ist. Ich sage aber auch gegenüber den Ungeduldigen in den eigenen Reihen, die unseren Austritt aus der Regierung vorgeschlagen haben, daß wir keine Alternatie zur bisherigen Politik besitzen. Wir sind nun einmal in einer Koalition und sollten sie weiterführen. Wir dürfen die Gesprächsfäden nicht abreißen lassen.

Sie waren kürzlich in Bonn. Welchen Eindruck haben sie von der Politik der deutschen Regierung?

Deutschland nimmt immer mehr die Rolle an, die ihm als die ökonomisch stärkste Nation Europas auch politisch zukommt. Deutschland ist ein demokratisches Land. Die neue Regierung versteht sehr wohl, worum es hier bei uns geht. Die deutsche Armee zeigt sich als im höchsten Maße professionell und verantwortungsbewußt.

Interview: Erich Rathfelder