Kubickis Müllgeschäft für die Ewigkeit

■ Gericht kippt Freispruch für Wolfgang Kubicki. Der FDPler soll Meck-Pomm in Sachen Deponie Schönberg schlecht beraten haben

Berlin (taz) – Von sieben Jahren ist in der Bibel immer dann die Rede, wenn die Ewigkeit gemeint ist. Die begann für Wolfgang Kubicki, FDP-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Schleswig-Holstein, schon auf Erden, nämlich mit der Privatisierung einer Mülldeponie in Ostdeutschland. Sieben Jahre ist der Müll schon nicht mehr Volkseigentum, seitdem währen scheinbar unendliche juristische Auseinandersetzungen zwischen Kubicki und dem Land Mecklenburg-Vorpommern. Der Politiker wähnte den Dauerstreit mit dem Nachbarland, den er eine „Verleumdungskampagne“ nennt, endlich überwunden, als das Landgericht Kiel im Februar eine Schadenersatzklage gegen ihn abschmetterte. Zu früh gefreut, gestern hob das schleswig-holsteinische Oberlandesgericht (OLG) das Urteil auf und verwies den Vorgang zurück an die untergeordnete Instanz.

In der Nachwendezeit hatte Wolfgang Kubicki für die Schweriner Landesregierung als juristischer Berater beim Verkauf einer Mülldeponie im mecklenburgischen Schönberg gearbeitet. Für diese Tätigkeit kassierte er 860.000 Mark Honorar. Kubicki hielt es aber nicht für notwendig, seinen Auftraggebern mitzuteilen, daß er mit einem der Deponie-Interessenten in geschäftlichem Kontakt stand. Adolf Hilmer, Unternehmer in Sachen Müll aus Lübeck, war nicht nur gemeinsam mit Kubicki an einer Grundstücksgesellschaft beteiligt, sondern besitzt auch die Hälfte der Firma, die schließlich den Zuschlag in Schönberg erhielt.

Der Unmut der Öffentlichkeit über dieser Verträge zwang im April 1993 sogar die Umweltministerin Petra Uhlmann (CDU) zum Rücktritt. Das Land klagte schließlich gegen Kubicki auf Ersatz der wegen angeblich miserabler Beratung entstandenen Schäden und auf Rückzahlung seines Honrars.

Solche Scherereien kamen Kubickis Feinden in der Partei gerade recht. Davon hat der 44jährige mehr als genug. Kubickis erklärtes politisches Ziel, „sozialliberale Politik für Schleswig-Holstein“, stieß im Thomas-Dehler-Haus auf wenig Gegenliebe. Viele Parteifreunde nervt auch heute noch Kubickis naßforsch-unverschämte Art. Mal läßt er im Landtag in Kiel eine selbstgebastelte Papierschwalbe fliegen, ein anderes Mal macht er sich über die Hüte der Ministerpräsidentin Heide Simonis lustig. Der Spiegel urteilte, Kubicki gelte als „der Prototyp des unseriösen Politikers“. Tatsächlich mußte Kubicki im Juni 1993 als Fraktionschef und Landesvorsitzender der schleswig-holsteinischen FDP zurücktreten. Otto Graf Lambsdorff nutzte die Defensive des Querulanten Kubicki für eine süße Rache. Der Graf riet dem Bedrängten zu einer Kandidatur für den FDP- Bundesvorstand. Lambsdorffs Kalkül ging auf, Kubicki scheiterte als einziger Bewerber. Trotzdem schaffte Kubicki ein rasches politisches Comeback und steht heute wieder an vorderster Front seiner Landespartei.

Juristisch ist die Sache für Kubicki nach dem gestrigen Urteil noch nicht ausgestanden. Zwar bestätigte das OLG die Meinung des Landgerichts, Kubicki habe seine Verbindungen zu Hilmer nicht offenlegen müssen. Offen bleibt hingegen der Verdacht der „Absprache mit Dritten“, also des Parteienverrats. Wegen Verfahrensfehlern – ein Schriftsatz wurde nicht gesichtet, Zeugen deshalb nicht geladen – wird der Prozeß deshalb noch einmal aufgerollt. Für Kubicki geht die Ewigkeit in die Verlängerung. Robin Alexander