Vom Unterschied zwischen Bös' und Gut

Wolfgang Schäuble, Parteichef der CDU, kam nach Hessen, um seinen Freunden zu sagen, wo der Feind steht: Alles, was politisch links neben der CDU liegt, bringt Gefahren für die Republik  ■ Aus Wiesbaden Klaus-Peter Klingelschmitt

Null-Toleranz für das Verbrechen“ nannte sich gestern das „Zukunftsforum Innere Sicherheit“ der Union, zu dem Generalsekretärin Angela Merkel und Wahlkämpfer Roland Koch von der hessischen CDU geladen hatten. Draußen, rund um das Tagungshotel, ratterten die Bagger. Drinnen wütete Parteichef Wolfgang Schäuble.

Er startete zum Generalangriff gegen die Linke in Deutschland, gegen Sozialdemokraten und Bündnisgrüne, „die heute ohnehin nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind“. Daß es in Deutschland „im subjektiven Rechtsempfinden der Bürger“ heute so schlecht bestellt sei um die Innere Sicherheit, sei die Schuld der Linken. Nicht nur in Deutschland trage sie die Verantwortung dafür, „daß die Unterschiede zwischen Recht und Unrecht, zwischen Gut und Böse verwischt wurden“.

Linke Rechtspolitik sei schon im Ansatz immer falsch, weil sie nur nach Entschuldigungen für die Täter suche und dabei die Opfer vergesse. Das „perverse Wort“ von der „Alltagskriminalität“ etwa sei eine Erfindung der Linken, konstatierte Schäuble. Dagegen dürfe man über Ausländerkriminalität nicht mehr reden. Ladendiebstähle würden bei den Linken zu Bagatelldelikten, Drogenbesitz solle straffrei bleiben; und die Justizministerin von der SPD sei gerade dabei, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß verurteilte Straftäter ihre Haft via Hausarrest abbüßen könnten. „Ist unser Fernsehprogramm tatsächlich schon so schlecht?“ Beifall im Auditorium.

Dabei müsse es in den Zeiten der Globalisierung, der offenen Grenzen und der Zuwanderung vorrangig darum gehen, den Menschen Halt zu geben und „bewährten Grundsätzen“ wieder zur Geltung zu verhelfen. Das Sprichwort „Wehret den Anfängen“, und generell erleichterten „die zehn Gebote“ die Orientierung. Da stehe fast alles drin, was zu einer ordentlichen Lebensbewältigung tauge, sagte Schäuble. „Du sollst nicht stehlen etwa, auch keinen Lippenstift für zwölf Mark.“

Und Schäuble nahm abermals die Linke in die Verantwortung. Es sei deren „größte Torheit“, das Begriffspaar Sicherheit und Ordnung für unvereinbar mit dem Begriff Freiheit zu halten. Dabei werde auch die individuelle Freiheit durch „Law and order“ gesichert: „Will die Linke etwa das Gegenteil davon?“ Gerade weil sie eine „Law and order“-Partei sei, sei die CDU die Partei der Mitte, so Schäuble. Und die Linke bleibe die Linke.

Der Parteichef habe offenbar erkannt, daß die Union dabei sei, nach rechts abzudriften, bemerkte ein sozialdemokratischer „Landtagsspion“ im Auditorium. Mit seinem „Parforceritt“ gegen die Linke, die inzwischen die Mitte besetzt halte, versuche Schäuble verzweifelt, den Kurs wieder zu ändern: „Aber wer glaubt das noch, nach all den Sprüchen.“

Vor Schäuble hatte Wahlkämpfer Koch im Falle eines Wahlsieges „bayerische Verhältnisse“ für Hessen versprochen. Auch kleinste Regelverletzungen würden dann nicht mehr hingenommen, die Bürger zur Wachsamkeit animiert und die Polizei zur Präsenz auf den Straßen. In Deutschland straffällig gewordene Ausländer sollten nicht sofort abgeschoben werden, sondern hier verurteilt werden, die Haftstrafe jedoch im Heimatland absitzen müssen. Ansonsten nämlich würden abgeschobene Straftäter am „nächsten Tag wieder an der Oder stehen“. Nur mit ihm als Ministerpräsidenten, so Koch weiter, werde der „hessische Feldversuch grüner Justizminister“ beendet. Dann könnten alle Menschen wieder ruhig schlafen: „Die CDU ist dafür ein Garant.“ Im Publikum wollte dann noch einer über Wirtschaftskriminalität reden. Die gebe es auch, beschied Wolfgang Schäuble knapp. Und in Mannheim eine „klasse Staatsanwaltschaft“ dagegen.