■ Studie: Ausländerfeindlichkeit gedeiht auch ohne Ausländer
: Die Hartnäckigkeit rechter Bilder

Eene, meene, muh – jeder sechste zwischen Oder und Elbe, jeder achte zwischen Elbe und Rhein. Wie ein makabrer Abzählreim liest sich die Studie, die die Paul Lazarsfeld-Gesellschaft gestern über rechtsextremistische Weltbilder in den Köpfen der Deutschen vorgelegt hat. 13 Prozent der Bundesbürger gaben den Forschern rechtsextreme Einstellungen zu Protokoll, im Osten eineinhalbmal so viele wie im Westen. Erschreckend ja. Aber auch überraschend?

Wer mit offenen Ohren durch die Lande fährt, hört längst den O-Ton hinter diesen Zahlen. Ausländerfeindlichkeit, autoritäres Denken, Ruckzuck-Lösungen haben sich als fester Bestandteil in ein angekränkeltes Volksempfinden geschlichen. Im Osten grassiert der Virus der Verunsicherung noch verheerender, denn er fällt bei Menschen mit autoritär geprägten Biographien auf fruchtbareren Boden.

Wer rechtsextrem denkt, auch das bestätigt die Studie, ist, anders als im Kinderabzählreim, nicht „raus bist du“, sondern fest in der Mitte. Man fühlt sich in guter Gesellschaft in der Wählerklientel von CDU und SPD. Für die großen Volksparteien liest sich die gestrige Studie daher wie die Aufforderung zum Volkstanz, um mit rechten Parolen die eigene, noch unentschiedene Basis festzuhalten.

Dabei korrigiert die Studie gerade scheinheilige rechte Slogans, wie sie die CSU derzeit propagiert: Zu viele Ausländer schaffen Ausländerfeindlichkeit. Der eklatant höhere Anteil von Rechten im Osten ist das beste Beispiel dafür, wie Ausländerfeindlichkeit gerade ohne Ausländer grassiert. Auch im Westen rangieren eher ländliche Bundesländer mit niedrigem Migrantenanteil auf der rechten Richterskala klar über städtischen Ballungsgebieten. Weltbilder haben vor allem mit Weltoffenheit zu tun. Da stehen einige Landstriche im Westen dem einst zur kollektiven Provinz eingezäunten Osten wenig nach.

Aber auch eine gängige linke Gleichung verleitet zu falschen Erklärungen: Arbeitslosigkeit macht rechtsradikal. Auf den ersten Blick korrespondieren zwar rechte Einstellungen mit den Arbeitslosenquoten im Osten und Westen, aber Bayern und Baden-Württemberg, die beschäftigungspolitischen Musterländles, rangieren deutlich dichter hinter den neuen Bundesländern als Krisenregionen wie Bremen und NRW. Um rechtsextremes Denken zu bekämpfen, reicht es deshalb nicht, festen Boden unter den Füßen zu schaffen. Es braucht auch das explizite Bekenntnis zur Notwendigkeit, sich geistig aus engen, sicheren Bahnen zu wagen. Vera Gaserow