USA wollen Gifteinsatz gegen Koka-Anbau forcieren

■ US-Regierung will Kolumbien zwingen, trotz Protesten hochgiftiges Tebuthiuron einzusetzen

Bogotá (taz) – Kolumbien hat im vergangenen Jahr mit 79.500 Hektar Anbaufläche Peru vom Spitzenplatz der Koka-Anbauländer verdrängt. Dabei wurde 1997 über den Kokafeldern soviel Pflanzengift wie nie zuvor versprüht. Doch anstatt die gescheiterte Repressionsstrategie des „Drogenkriegs“ in den Produzentenländern zu überdenken, setzt Washington auf weitere Aufrüstung. Kolumbien soll – nach einer Testphase – das körnige Herbizid Tebuthiuron einsetzen, das resistenter gegen Regen sein soll und auch bei starkem Wind aus sicherer Höhe verstreut werden kann.

„Und wenn ganz Kolumbien in eine Steppe verwandelt wird, dann ist mir das immer noch lieber als Millionen von Kokainkonsumenten in den USA“, zitieren Funktionäre des Umweltministeriums den US-Botschafter Curtis Kamman. Anscheinend schenkt selbst er den Experten keinen Glauben, die seine Regierung nach Bogotá geschickt hat. Sie sollten die KolumbianerInnen von den Segnungen des Tebuthiuron überzeugen, das sonst zur Unkrautvernichtung an Straßenrändern und Eisenbahngleisen eingesetzt wird.

Eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Umweltministeriums legte nun ein detailliertes Gutachten vor. Das Mittel baue sich sowohl in den Böden als auch im Wasser nur langsam ab und stelle eine große Gefahr für die Artenvielfalt des Amazonasbeckens dar. Außerdem würden sich bei einer effizienteren Vernichtung der Kokafelder diese nur noch rascher verlagern und dadurch vor allem die Entwaldung voranschreiten. Alternativen Anbauprogrammen würde der Boden entzogen.

Auch die Bedrohung indigener Völker werde weiter zunehmen. Bereits heute werden sie von den voranrückenden Kokabauern entweder zum Anbau verleitet, als Arbeitskräfte angeheuert oder gar von ihren angestammten Territorien vertrieben. Die indianische Landwirtschaft hat mit ihrer extensiven Nutzung des Urwalds als ökologischste Anbauweise zwischen Amazonas und Orinoko gegen den Vormarsch der lukrativen Kokakulturen keine Chance.

Die plumpe Vorgehensweise Washingtons – bei der Verweigerung der Tebuthiuron-Testphase drohen Wirtschaftssanktionen – hat zu einer selten einmütigen Allianz zwischen der Bogotáer Umweltbürokratie und Ökogruppen geführt. Bisher konnte sie verhindern, daß der „Drogenrat“, die entscheidende interministeriell besetzte Regierungsinstanz, sich dem Druck der Nordamerikaner beugte. Die Entscheidung über das Tebuthiuron dürfte in den Händen des nächsten Präsidenten liegen, der am 21. Juni gewählt wird. Der konservative Favorit Andrés Pastrana steht im Ruf, den Gringos keinen Wunsch abzuschlagen, doch auch der populistische Liberale Horacio Serpa hat das Diktat Washingtons zuletzt als Innenminister mitgetragen. Düstere Aussichten für den Urwald und seine BewohnerInnen. Gerhard Dilger