Portrait
: Ethische Grundsätze und Konzernchefin

■ Anita Roddick

Die Nachricht klingt dürr: Die Gründerin der Kosmetikkette Body Shop gibt ihren Posten als Geschäftsführerin auf. Doch Body Shop ist nicht einfach eine Ladenkette und Anita Roddick nicht irgendeine Managerin, die nun langsam auf das verdiente Altenteil hinüberwechselt.

Sie hat immerhin die ersten Rezepte in ihrer Küche zusammengemixt, 1986 mit ihrem Mann Gordon den ersten Kosmetikshop in Brighton gegründet und im letzten Jahr mit 1.600 Läden weltweit noch einen Gewinn von 110 Millionen Mark eingefahren – und das mit selbstgesetzten, hohen ethischen Standards. Anita Roddick vertrat öffentlich Ziele wie Tierschutz oder Recycling. Ihre Rezepte waren 100prozentig vegetarisch – ein verrückter Gedanke im Drogeriegeschäft, das zum Beispiel in Deutschland von Figuren wie Schlecker dominiert wird. Roddick reiste selbst viel in der Welt umher. Einerseits, um in alter linksalternativer Manier fremde Kulturen zu studieren. Andererseits aber auch, um immer neue Rezepte zu finden, die sie dann für das westliche Publikum adaptierte. Dabei gab es nur ein Problem: Trotz eines lawinenartig wachsenden Geschäfts und ihrer vielen Reisen kontrollierte sie immer noch alles selbst. Sie wollte selbst in Details das letzte Wort haben, auch wenn sie wochenlang nicht zu erreichen war. Das frustrierte ihre Manager.

Solange der Öko-Boom der 80er Jahre andauerte, war das Body-Shop-Konzept auf der Höhe der Zeit. Inzwischen scheinen viele KonsumentInnen aber die ethischen Grundsätze nicht mehr so hoch zu bewerten. Das Geschäft mit Seifen und Düften wächst nicht mehr mit der alten Geschwindigkeit. Den Ausgleich sollte der Sprung auf den US-Markt bringen. Doch die US-Sparte fuhr in den letzen drei Jahren einen Verlust von 60 Millionen Mark ein. Es fehlte am Gespür für den Geschmack der Kunden, außerdem gibt es – inzwischen auch in anderen Ländern – billigere Konkurrenz wie die Body-Shop-Kopie Bath and Body Works.

Anita und Gordon Roddick werden nun einen Schritt kürzer treten und das Tagesgeschäft Amerika-Spezialisten überlassen. Doch sie werden weiter den Lauf der Dinge in der Ladenkette bestimmen. Und diejenigen der 5.000 Angestellten auswählen, die mit einer Einladung zur Neujahrsparty auf ihren schottischen Landsitz Candercraig ausgezeichnet werden. Reiner Metzger