Man mag dergleichen einfach nicht

■ Rüde Romane zur Realpolitik: Michael Dobbs' Urquhart-Trilogie ist absolut Kult

Ein Jahr länger als Frau Thatcher ist Francis Urquhart jetzt Premierminister des United Kingdom. Nachdem er sich des Amtes bemächtigt („Ein Kartenhaus“) und die Monarchie abgeschafft (TV- Version von „Um Kopf und Krone“) bzw. sich ernsthaft mit dem Windsor-König angelegt hat (Buch-Version von „Um Kopf und Krone“), muß er am Ende der Trilogie von Michael Dobbs nun doch abtreten. „Schach dem König“ lautet der extrem unpassende deutsche Titel von „Final Cut“.

Seit den beiden TV-Zweiteilern, die Paul Seed für die BBC aus den beiden ersten Urquhart-Büchern gemacht hat, ist der skrupellose und elegant-bösartige Prime Minister absolut Kult. Das liegt an Ian Richardson in der Rolle des Urquhart und an der realitätstüchtigen Kaltschnäuzigkeit, mit der zur Sache gegangen wird. Michael Dobbs weiß, wovon er erzählt. Lange Jahre machte er die Pressearbeit für Frau Thatcher und erhielt so prächtige Einblicke in die Mechanismen, die zwischen Medien-, Wirtschafts- und politischer Macht wirken. Finsterste Vorurteile über „Politik“ pinselt er pointensicher aus — in der deutschen Übersetzung bleibt davon allerdings nicht viel übrig.

Im letzten Teil muß Urquhart also abtreten. Er hat das Land ruiniert, und eine üble alte Geschichte aus dem Zypern-Krieg kocht hoch. Die Meinungsmacher hat er bis aufs Blut gedemütigt, sie schlagen zurück. Eine militärische Intervention auf Zypern geht schief. Was 1956 noch durchzuziehen war, ist heute nicht mehr zu machen. Vor allem, wenn die Ölmultis die Finger im Spiel haben. Urquhart bleibt nur noch der große Abgang – und der ist so wundervoll zynisch, daß man ihn nicht mal mit dem UK befreundeten Regierungschefs empfehlen möchte.

Dobbs' Bücher sind rüde Kommentare zur britischen Politik vor Tony Blair; verglichen mit den TV- Fassungen von Paul Seed sind sie eher noch zurückhaltend. Es bleibt die wehmütige Frage, wieso die Deutschen solche infamen Stückchen mit Verve und Witz einfach nicht hinbekommen. Der lieblose Umgang des deutschen Verlags mit Dobbs gibt eine Antwort. Die Übersetzungen sind grausam, „Ein Kartenhaus“ ist vergriffen, ein anderes Buch von Dobbs, „Keine Macht der Welt“, das nichts mit der Urquhart-Trilogie zu tun hat, dafür in die PR eingeschmuggelt. Man mag dergleichen einfach nicht. Thomas Wörtche

Michael Dobbs: „Um Kopf und Krone“. Aus dem Englischen von Joachim Honnef. Bastei-Lübbe, München 1997, 285 S., 9,90 DM

„Schach dem König“. Aus dem Englischen von Bettina Arnold. Bastei-Lübbe, 447 S., 12,90 DM