LESERINNENBRIEFE
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Ein gefährlicher Konflikt

■ betr.: „Eine Bankrotterklärung des Westens“, Kommentar von Dominic Johnson, taz vom 21. 7. 14

Hundert Jahre nachdem ganz Europa im Verlauf weniger Monate und durch „Antworten“ auf einen „Terrorakt“ in den Ersten Weltkrieg geschlittert ist, erschüttert mich die Naivität Ihres Kommentars. Das unter anderem auch deshalb weil ich Ihre Berichterstattung in Afrika immer wegen ihrer Nuanciertheit bewundert habe.

Woher wissen Sie, dass es sich um einen Terrorakt wie 9/11 handelt? Sehr viel mehr deutet doch derzeit darauf hin, dass die Separatisten eine Waffe erbeutet haben, die sie mangels entsprechender Kompetenz falsch gezielt haben, und nun wollen sie es nicht gewesen sein. So furchtbar das ist, ist es doch kein Terrorakt. Und was hat das „machtvolle“ Agieren von Bush seinerzeit erreicht? Zahlreiche Kriege, deren Spätfolgen wir gerade in Syrien erleben.

Was hingegen hat die EU durch besonnenes Agieren in Osteuropa nach dem Fall der Mauer erreicht? „Nur“ einen heißen Krieg (Jugoslawien) in einer Region, in der es ca. zehn knallharte Auseinandersetzungen zwischen Mehrheiten und Minderheiten gab.

Verwundert bin ich auch über einen öffentlichen Diskurs, der einen ukrainischen Oligarchen als Hort der Demokratie und eine russische Minderheit, die um ihre Rechte fürchtet, als Hinterwäldler darstellt. Könnte es nicht auch sein, dass die Nato im letzten Jahr (in Gestalt der EU) ihren Einflussbereich nach dem Kalten Krieg erstmals erfolgreich bis direkt an die Grenzen Russlands ausgedehnt hat? Natürlich alles im Namen der Demokratie und der Freiheit der Völker. Und Russland hat sich mit der Annektion der Krim revanchiert. Daran sehen wir schon, dass das vermutlich der gefährlichste Konflikt ist, den wir weltweit in den letzten Jahrzehnten hatten, weil wir nur noch einen Schritt von einem direkten Schlagabtausch zwischen Russland und der Nato entfernt sind. ANJA WEISS, Essen

Auf Lügen aufgebaute Kriege

■ betr.: „Eine Bankrotterklärung des Westens“, taz vom 21. 7. 14

Lieber Dominic Johnson, heute habe ich Ihren Kommentar gelesen und er gefällt mir nicht. Der letzte Satz ist aus meiner Sicht kriegstreiberisch. Dafür gibt es keine Rechtfertigung. Der Terroranschlag vom 11. September 2001 wurde als Grund genommen, auf Lügen aufgebaute Kriege und Waffengänge zu eröffnen. Die toten Passagiere der MH 17 in der Ostukraine verdienen eine andere Würdigung. Den Nato-Bündnisfall sollte man dafür nicht herbeireden.

RÜDIGER GRÖLZ, Königstein

Wutschnauben hilft nicht

■ betr.: „Kein Umdenken in Moskau“, taz vom 21. 7. 14

Klaus-Helge Donath sollte einmal zu dem „Kluge“ (etymologisches Lexikon) greifen, wenn er schon pseudokritisch die gesamte Exekutive (oder wen?) als „Sozialhelfer“ abzuwerten versucht: „Sozial-“ kommt von (lateinisch) socius: „teilnehmend, in Verbindung stehend, zugesellt“.

Wir haben es mit unserem großen östlichen Nachbarn zu tun, dem „dieses unser Land“ vor nicht einmal einem Jahrhundert 40 Millionen Menschenleben raubte: Schon deswegen und vor allem aus klarer, kühler Ratio ist es richtig, wenn „in Berlin“ alles getan wird, um mit russischen Politikern „in Verbindung zu stehen“ und sich „teilnehmend“, und das heißt nicht: „billigend“, zu verhalten. Was sollte auch die Alternative sein? Die nennt Herr Donath nicht und deshalb ist sein Begriff nichts als eine populistische Wutblase, Kampfrede, jedenfalls kein Journalismus.

So verhält es sich auch mit der gleich folgenden Blubberblase von der „Russlandseligkeit“. Noch einmal, Herr Donath: Russland ist unser großer Nachbar im Osten, mit dem „Berlin“ kühl, vorsichtig und auf die Kraft der Argumente vertrauend umgehen muss, um die Bedingungen für die Möglichkeiten einer liberalen Zivilgesellschaft dort langfristig in ihrer Herausbildung zu unterstützen. Wutschnauben hilft nicht. RAINALD SIMON, Frankfurt am Main

Zu sportlich ausgerichtet

■ betr.: „Das war nicht die echte Mannschaft“, taz vom 19. 7. 14

die berichterstattung über die fußball-wm fand ich viel zu sportlich ausgerichtet, sie nahm viel zu viel raum ein. ich brauche und will keine sport-taz. ich will und brauche eine taz, die sich mit aktuellen fragen aus den bereichen beschäftigt, die die welt verändern. sport von reichen menschen in kurzen hosen gehört für mich nicht dazu. und wenn dann in der nachbetrachtung auch noch von WIR statt von deutschland die rede ist, dann kann auch der artikel von klaus theweleit nichts retten.

ich würde mir wünschen, dass die nächsten sportlichen großereignisse nicht ebenfalls raum, raum, raum bekommen.

RAINALD SCHWARZ, Weil

Schönes, facettenreiches Gespräch

■ betr.: „Wichtig ist, unglücklich zu sein“, taz vom 19. 7. 14

Ein schönes, facettenreiches Gespräch und kluges, mannigfaltiges Sinn-Glück-Perlenspiel des Philosophen Wilhelm Schmid! Und da war sie plötzlich zu spüren, diese „Allverbundenheit mit dem ganzen Universum“, die ganz leichtfüßig daherkam. Glück ist auch die Kraft und Farbenpracht der Worte gepaart mit ein paar Sonnenstrahlen auf der Haut und der wiederkehrenden Erkenntnis, dass ein Leben mit der taz reicher ist. GABRIELE MEIER-SESKE, Berlin