Libyens Ölhahn fast zugedreht

ÖL 80 Prozent der Förderung sind eingestellt. Aufständische sollen mittlerweile die Ölterminals übernommen haben

BERLIN taz | Der Bürgerkrieg in Libyen beeinträchtigt die Ölproduktion. Das Land ist der fünftgrößte Lieferant Deutschlands und eines der drei großen Öl produzierenden Länder Afrikas. Nach Angaben der italienischen Ölfirma ENI und der französischen Bank Natixis sind 80 Prozent der libyschen Produktion von bislang 1,69 Millionen Barrel am Tag lahmgelegt. ENI, führender ausländischer Ölförderer in Libyen, habe seine Förderung auf 120.000 Barrel am Tag gedrosselt, vor allem weil die Lagerstätten in den Exportterminals voll seien, berichtete ein Konzernmitarbeiter gegenüber der Agentur Bloomberg. Die ENI-Gaspipeline nach Sizilien ist geschlossen.

Alle ausländischen Ölfirmen in Libyen haben ihre Produktion zurückgefahren oder ganz eingestellt. Zu ihnen gehört die BASF-Tochter Wintershall, wichtigstes deutsches Unternehmen in Libyen mit einer bisherigen Förderung von 100.000 Barrel täglich, die jetzt ruht. Die internationale Belegschaft hat das Land inzwischen verlassen, nur 21 Mitarbeiter warten noch in einem Camp in der Wüste auf ihre Ausreise, berichtet die Firma. Ähnlich BP: Der britische Konzern hat inzwischen alle nicht libyschen Mitarbeiter ausgeflogen und die Produktion eingestellt. Die Ölförderung der RWE DEA befindet sich noch im Planungszustand, ihr Team hat die Öl- und Gassparte des Energiekonzerns schon am Dienstag komplett aus Libyen abgezogen. Über den Zustand ihrer Förderanlagen geben die Konzerne keine Auskunft. Er gehe davon aus, dass die beauftragten libyschen Sicherheitsfirmen vor Ort die Anlagen bewachten, sagte ein Wintershall-Sprecher.

Libyen zählt sechs Ölterminals, davon einer in der Hauptstadt Tripolis und fünf weitere östlich, vor allem im zentralen Küstenbereich. Von diesen fünf wurde nach Angaben der Internationalen Energieagentur vor der Krise 825.000 Barrel täglich exportiert. Meldungen vom Mittwoch, alle libyschen Häfen seien geschlossen, wurden am Abend wieder dementiert, aber ausländische Reedereien sehen derzeit aus Sicherheitsgründen davon ab, Libyen anzusteuern.

Gestern Nachmittag meldete die Nachrichtenagentur Reuters unter Berufung auf Bewohner der „befreiten“ Stadt Bengasi, die Ölterminals von Ras Lanuf und Marsa el Brega seien nicht mehr unter Gaddafis Kontrolle. Die Webseite der Financial Times meldete, Saudi-Arabien sei in Gesprächen mit Ölkonzernen darüber, den Ausfall Libyens zu kompensieren. DOMINIC JOHNSON HEIKE HOLDINGHAUSEN