Grüne fordern Armuts-Kommission

SOZIALES Nach der Wahl soll Enquête-Kommission zur Armutsbekämpfung eingerichtet werden. Nötig sind ein Fünftel der Abgeordneten. SPD erklärt: „Wir stehen dem offen gegenüber.“ Die Linke ist sowieso dafür

Vor der sozialen Spaltung der Stadt wird oft gewarnt. Die Grünen fordern jetzt eine Enquête-Kommission, die konkrete Maßnahmen zur Armutsbekämpfung erarbeitet. Unterstützt wird die Idee vom Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbands Hamburg, Joachim Speicher, der zugleich Sprecher der „Nationalen Armutskonferenz“ ist.

„Ein erheblicher Teil der Hamburger steckt in der Armutsfalle“, kritisiert die grüne Politikerin Katharina Fegebank. Laut Sozialbericht leben ein Drittel der Menschen mit Migrationshintergrund und fast die Hälfte der Alleinerziehenden mit einem Armutsrisiko: Sie verfügen über weniger als 60 Prozent des Durchschnitteinkommens. 2012 waren 17,7 Prozent der HamburgerInnen von Armut bedroht, darunter jedes vierte Kind.

Man dürfe sich mit dieser Lage nicht abfinden, finden Fegebank und ihr Parteikollege Anjes Tjarks. Möglichst parteiübergreifend und mit Experten an Bord möchten sie Lösungen suchen. Für eine solche „Enquête“, die es zuletzt 2005 zur Schulstruktur gab, muss ein Fünftel der Abgeordneten stimmen. Gestartet werden soll das Projekt allerdings erst nach der Wahl. Dann wird sich weisen, ob die SPD die Grünen als Juniorpartner braucht.

Der SPD-Sozialpolitiker Dirk Kienscherf erklärte: „Wir stehen dem Thema offen gegenüber.“ Seine Partei habe aber schon viel gegen die soziale Spaltung getan. Das beste Mittel sei „Bildungsgerechtigkeit“. Und die habe der Senat doch „von der Krippe bis zur Uni“ hergestellt. Außerdem solle man Krisen nicht herbeireden. Sei doch die Armutsgefährdungsquote auch nach den Zahlen der Grünen von 2011 auf 2012 gesunken. Allerdings sank sie nur um 0,3 Punkte von 18 auf 17,7 Prozent und schwankt seit 2005 um diesen Wert.

Die Grünen verstehen unter Armutsbekämpfung mehr als kostenlose Uni und Kita. Sie wollen zum Beispiel die Beschäftigung von Langzeitarbeitslosen fördern und Strategien für armutsgefährdete junge Menschen austüfteln. Derzeit gibt es mehr als 22.000 Langzeitarbeitslose, denen es nicht gelingt, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die Kommission werde in das Wahlprogramm aufgenommen, sagte Fegebank. Sie sicherte aber zu, dass dies nicht alles zum Punkt „Soziales“ sein werde.

Überrascht reagierte die Fraktion der Linken – hatte sie doch von den Grünen einen Korb erhalten, als sie nach dem Fall Yagmur eine Enquête forderte, die auch die soziale Spaltung untersuchen sollte. Es sei schön, sagte Fraktions-Vize Norbert Hackbusch, dass die Grünen dies jetzt in den Blick bekämen. KAIJA KUTTER